Freitag, 17. Januar 2025

Nächstes Mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Gerald von Gorrisen - Episode 21

Heute: Gerald von Gorrissen über Preußen Münster in Liga 2.

Preußen Münster kehrt nach einer gefühlten Ewigkeit zurück in die 2. Bundesliga. Das Ganze passiert natürlich als Durchmarsch nach dem Absturz in die Regionalliga West. 

Wir haben mit NMAA Freund und Preuße Gerald von Gorrissen gesprochen, wie er als Fan das letzte halbe Jahr in Münster fußballerisch erlebt hat.

NMAA:

Moin Gerald und vielen Dank, dass du dich erneut zum Frage-/Antwort-Spiel bereit erklärt hast! Preußen in Liga 2. Wie fühlt sich das für dich nach einem Jahr an, wenn du es liest?


Gerald:

Einfach grandios! Im Januar 2024 waren wir 12. in Liga 3 und ich sehr optimistisch, dass wir als Aufsteiger die Liga halten werden…und jetzt sind wir in Liga 2 über dem Strich und haben teilweise großartig abgeliefert. 

“an einem kalten Freitagabend im Dezember mit 6.000 Leuten in Berlin zu feiern, fühlt sich noch etwas unwirklich an“

Aber mit 8.000 Leuten nach Hamburg zu fahren oder an einem kalten Freitagabend im Dezember mit 6.000 Leuten in Berlin zu feiern, fühlt sich noch etwas unwirklich an. Ich kenne auch noch andere Zeiten…


NMAA:

8000 Fans in Hamburg. Größerer Erfolg bedeutet auch zeitgleich mehr Anhänger*innen. Fluch oder Segen? Wie sieht das bei Heimspielen aus, da ist die Kapazität ja eher begrenzt in eurem Stadion.


Gerald:

Segen! Ich finde es super, wie sich die Wahrnehmung von Preußen in Münster und mittlerweile auch im Münsterland entwickelt hat. Natürlich kommen jetzt auch Leute, die nichts mit der Fanszene zu tun haben und das auch nicht wollen. Das macht die Koordination des Supports nicht leichter. 

“Ich persönlich fand die Stimmung bei den Heimspielen in der letzten Saison besser. Das ist für Münsteraner Verhältnisse aber Klagen auf sehr, sehr hohem Niveau.“

Der Heimbereich ist bislang immer ausverkauft gewesen, da sind dann natürlich auch immer Gelegenheitsbesucherinnen und -besucher dabei, die sich weniger bis überhaupt nicht beteiligen. Ich persönlich fand die Stimmung bei den Heimspielen in der letzten Saison besser. Das ist für Münsteraner Verhältnisse aber Klagen auf sehr, sehr hohem Niveau.


NMAA:

Wie sieht es in der Szene aus? Bekommt diese den Erfolg zu spüren? Wachsen die Gruppen?


Gerald:

Die Zahl der Fanclubs wächst. Auch an Orten, die vorher kein wirkliches Preußengebiet waren, entstehen neue Fanclubs. Die Auswärtsfahrerzahlen sind in die Höhe gegangen, auch zu den weiter entfernten Spielen. Viele ältere Leute sind wieder aktiver geworden.

Ob die Ultraszene jetzt mehr Zulauf hat, kann ich nicht genau sagen. Es ist halt alles mehr und größer geworden.


NMAA:

Bezogen auf die Auswärtsfahrten: Welches war für euch das Highlight der Hinrunde?


Gerald:

Direkt beim ersten Spiel in Fürth waren die Anzahl und die Stimmung im Gästeblock schon bemerkenswert. Da war zu erahnen, wohin die Reise diese Saison gehen kann. 

“Irgendwann wussten die Vorsänger nicht mehr, was sie anstimmen sollen…“

Beim Last-Minute-Ausgleich in Karlsruhe ist der Block herrlich durchgedreht. Ganz zu schweigen vom Sieg in Berlin inklusive der einstündigen Party nach Schlusspfiff! Irgendwann wussten die Vorsänger nicht mehr, was sie anstimmen sollen…


NMAA:

Zuletzt hattet ihr ja eine Menge größerer Szenen zu Gast. Wer hinterließ bisher die beste Visitenkarte, was den Support betrifft?


Gerald:

Stuttgart im Pokal war schon eine Hausnummer! In Sachen Mitmachquote und Konstanz des Supports war auch der Auftritt von Magdeburg stark. Und die Stadt am Rhein nördlich von Bonn war auch nicht ganz so schlecht, auch wenn ich das ungern sage.


NMAA:

Soweit man es mitbekommen hat, wurde die Planung für den Stadion-Umbau genehmigt. Ein Generalunternehmer scheint auch gefunden zu sein. Wann kann man also perspektivisch in MS einen neuen Ground besuchen und wie zufrieden ist die Fanszene mit dem Neubau?


Gerald:

Im Optimalfall könnte es sogar schon im 1. Quartal 2025 mit der Westtribüne losgehen, also dort, wo der alte Gästebereich beheimatet war. 

“In der AG Stadion war von Anfang an die Fanszene vertreten, sodass viele Wünsche bereits fester Bestandteil der Ausschreibung waren.“

Im weiteren Optimalfall soll zur Saison 2027/2028 das Stadioninnere dann komplett fertiggestellt sein.

In der AG Stadion war von Anfang an die Fanszene vertreten, sodass viele Wünsche bereits fester Bestandteil der Ausschreibung waren. Daher ist die Zufriedenheit grundsätzlich schon gegeben, wäre da nicht das Thema Stadionname…


NMAA:

Wie wahrscheinlich ist es, dass am Ende des Tages ein Investor als Namensgeber über dem Eingang prangert?


Gerald:

Sehr wahrscheinlich! Das Stadion gehört der Stadt und der Verkauf des Namensrechts ist Teil von deren Finanzplanung. Angeblich könnte die Stadt dazu sogar verpflichtet werden. Es scheint also unausweichlich zu sein, auch wenn es einen Mitgliederbeschluss des Vereins gibt, der aber wohl nicht bindend für die Stadt ist. Ich hoffe einfach darauf, dass es am Ende ein regionaler Sponsor wird, der das Stadion dann XYZ-Preußenstadion tauft und aus unserer Spielstätte nicht die XYZ-Arena wird.


NMAA:

Je höher die Liga, desto größer der kommerzielle Rahmen, der den Verein umgibt. Stellst du abgesehen vom Stadionnamen noch andere Entwicklungen fest, die den Fans sauer aufstoßen?


Gerald:

Aktuell überwiegt ganz klar die Freude, nach den beiden Aufstiegen gegen so namhafte Gegner und in diesen ganzen großen Stadien zu spielen. Mir persönlich sind diese Begleiterscheinungen gerade jedenfalls deutlich lieber als Spiele gegen 2. Mannschaften. Mal schauen, wie ich nach weiteren Saisons in der 2. Bundesliga dazu stehe.


NMAA:

Fast Forward: Wo siehst du den SCP in den kommenden 3 Jahren?


Gerald:

Champions League! Damit ich dann auch wirklich beurteilen kann, ob die kommerziellen Begleiterscheinungen wirklich noch tragbar für mein persönliches Fußballerlebnis sind. Im Ernst: es wäre ein Traum, in 3 Jahren im neuen Stadion zu stehen und Preußen in der 2. Bundesliga zu sehen, ohne als natürlicher Abstiegsfavorit zu gelten.


NMAA:

Champions League klingt ambitioniert! In der SCP Doku auf einem bekannten Streaming-Dienst gewinnt man den Eindruck, es existiert eine komplette Einheit zwischen Fans, Mannschaft und Verein. Die Realität sieht sicher anders aus. Was macht den SCP aktuell für dich aus, was Außenstehende nicht sehen können?


Gerald:

Diese Einheit ist seit einiger Zeit so stark wie wahrscheinlich noch nie. Das „Alle zusammen für Preußen Münster“ ist aktuell mehr als nur ein Fangesang. Unabhängig von den Spielergebnissen bleibt der Block gesammelt im Stadion, bis dass gemeinsam mit der kompletten Mannschaft gesungen wurde. Auch nach Spielen wie der 4:0-Niederlage zu Beginn der letzten Saison in Ostwestfalen ist niemand früher raus, es war kein böses Wort zu hören und das „Alle zusammen“ war lauter denn je. Es herrscht das Gefühl, die Mannschaft gibt immer alles und im Gegenzug merkt auch die Mannschaft, dass die Fans immer alles geben. Dadurch ist eine gegenseitige Wertschätzung entstanden, die authentisch daherkommt und schon bemerkenswert ist.

“Zusammengefasst: Es gab wahrscheinlich nie bessere Zeiten, Preußenfan zu sein, als jetzt!“

Auch zwischen Fanszene und Verein stimmt vieles. Gutes Beispiel: Durch den Aufstieg in die 3. Liga wurde der Verein zum „Club-Fan-Dialog“ gemäß Lizenz- bzw. Zulassungsordnung von DFB und DFL verpflichtet. Die größte Herausforderung war nicht, Vertreterinnen und Vertreter der Fanszene und der Vereinsführung an einen Tisch zu bekommen, sondern Parallelstrukturen zu vermeiden, da es schon vorher einen regen und teilweise auch formellen Austausch gab.

Zusammengefasst: Es gab wahrscheinlich nie bessere Zeiten, Preußenfan zu sein, als jetzt! 😄



NMAA:

Das ist ein schöner Schlusssatz! Die letzten Worte gehören wie immer dir! Danke lieber Gerald und viel Erfolg in der Rückrunde.


Gerald:

Dem stimme ich zu. Also nochmal: Es gab wahrscheinlich nie bessere Zeiten, Preußenfan zu sein, als jetzt!

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