Sonntag, 18. Juni 2023

Leseempfehlung - Was wäre eigentlich „wenn … “ gewesen? Teil 3

Was wäre eigentlich „wenn … “ gewesen ?

Folge 3 (3 von 4)

GELDERLANDSTADION

GELRIA 09 GELDERN 2 VfB HILDEN 2

Verbandsliga Niederrhein – Saison 1977/78 – letzter Spieltag.

Noch einmal kommt der VfB Hilden – noch ein letzter, ein allerletzter Angriff. 

Die reguläre Spielzeit ist abgelaufen und der Schiedsrichter schaut noch einmal auf die Uhr. Peter Iserath geht durch, fast bis zur Grundlinie. Nur noch der Torhüter des Platzmannschaft aus Geldern vor ihm.


In der Mitte steht Dieter Biermann völlig frei vor dem fast leeren Tor. DAS muss es sein. Wo ist der schnelle Pass in die Mitte auf Biermann? 

Den zahlreichen mitgereisten Anhängern des Verbandsligaaufsteigers von der Hoffeldstraße stockt der Atem. 


JETZT ! IN DIE MITTE – den erlösenden Torjubel tragen die Hildener schon auf dér Zunge – der Schiri macht keine Anzeichen abzupfeifen. Das muss der Klassenerhalt sein. 

Aber Peter Iserath hat die Nerven nicht. Zu schwach schießt er den Torsteher an und übersieht den völlig freistehenden Biermann. Dieter Biermann, Hildener Eigengewächs, völlig frei vor dem Tor. 

Das wäre es gewesen. Das 3-2 Siegtor und zumindest der Klassenerhalt in der Verbandsliga Niederrhein. 


Abfiff. 


Die Hildener Anhänger können es nicht fassen. Viele mit Tränen in den Augen. Leere Blicke. 


Abstieg.


Nein. Dieses Spiel an diesem Tag ist kein Entscheidungsspiel. So wie die Spiele damals auf dem Mönchengladbacher Bökelberg und im Duisburger Wedaustadion.Oder später auf dem Oberbilker Viktoriaplatz bzw. dem Stadion Velbert. Über letztgenannte Orte wird noch zu reden sein. 


Aber es ist ein entscheidendes Spiel. 


Es wird die vor dem Verein liegende Zeit lange, sehr sehr lange beeinflussen. 

Denn mit dem 2-2 unentschieden hier im Gelderlandstadion steigt der VfB Hilden nicht um eine Klasse sondern faktisch um 2 Spielklassen ab.

Grund dafür ist die Einführung der neuen Amateur-Oberliga Nordrhein, die nun drittklassig unterhalb der ersten und der zweiten Bundesliga angesiedelt ist. Die bisher drittklassige Verbandsliga geht auf Level 4 und der VfB Hilden ist ab der kommenden Saison in der Landesliga Niederrhein und findet sich auf dem fünften Level zurück.

Dabei hatte der VfB Hilden – übrigens wiederum in einem Entscheidungsspiel – in der Saison 68/69 den Grundstein für eine erfolgreiche Rückkehr in den höherklassigen Amateurfußball am Niederrhein gelegt. Langfristig, oder – nachhaltig, wie man heute sagt.

Es war der viel zu früh verstorbene Manfred (Manni) Johnigk, der im Entscheidungsspiel gegen den PSV Borussia Düsseldorf auf dem Oberbilker Viktoriaplatz beide Tore zum 2-1 Sieg des VfB erzielte und fortan würde der VfB Hilden in der Landesliga für lange Jahre zu den Spitzenteams der Liga und überhaupt am Niederrhein zählen.

Und wie. Bereits zum Ende der Saison 1971/72 steht das nächste Entscheidungsspiel an. Punktgleich, getrennt nur durch das (bessere) Torverhältnis (für Essen) streiten sich der Essener Turnerbund Schwarz Weiß und der VfB Hilden um den Aufstieg in die Verbandsliga, wiederum auf neutralem Platz, diesmal im Stadion Velbert.

Showdown der beiden Top Mannschaften der Landesliga Niederrhein. 

Und genau wie weiland im Wedaustadion liegt der VfB schnell mit 0-2 hinten.

Diesmal (ver-) pfeift allerdings kein Herr Ronken aus Schiefbahn. Wir erinnern uns. 

Unter der Leitung des Bundesligaschiedsrichters Gerd Henning aus Duisburg läuft nun alles korrekt ab.

Die korrekten Essener Führungstore durch Krallmann in der 7. und Peter Szech zum 0-2 in der 10. Minute egalisiert Hildens Suckel mit dem Anschlusstreffer in der 20. Minute und dem Ausgleich in der 59. Minute ebenso korrekt vor übrigens fast 3000 Besuchern.

Verlängerung. Beide Teams schenken sich nichts. Kurz vor Ende der Verlängerung meldet sich der Stadionsprecher mit einem Hinweis an die Zuschauer. Das entscheidende Spiel um den Aufstieg in die Verbandsliga Niederrhein wird am kommenden Sonntag an gleichem Ort wiederholt.

Doch dazu kommt es nicht. Zwei Minuten vor Abfiff der Verlängerung trifft Essens Buschmann zum drei zwei. Wiederum korrekt.

Am Bundesliga Schiedsrichter Gerd Henning lag es nicht. Die Essener waren eben um dieses eine Tor besser, auch wenn sie den großartig kämpfenden VfB erst in der Verlängerung niederringen können. 

Für den ETB übrigens an diesem Tag am Start die kommenden Profis Hans Wulf ( ETB, Wormatia Worms, Hessen Kassel, Hannover 96), Detlev Wiemers (ETB und RW Essen), Peter Szech (ETB Schwarz-Weiss, VfR Neuß, RW Essen, Bayer 04 Leverkusen, Bayer 05 Uerdingen).

VfB Hilden damals : Scholz – Mesenholl, Schillings (de Jong), E. Klostermann, L. Klostermann, Köhnen, Kraft, Katt, Johnigk (Huth), Loose, Suckel.

Der VfB mag sich trösten. Seine Zeit wird kommen. Eindrucksvoll.

Nach einigen guten Platzierungen in der Liga erlangt der VfB bundesweite Bekanntheit. Zwischen 1975 und 1977 bleibt die erste Mannschaft in sage und schreibe 45 Meisterschaftsspielen ungeschlagen.

Der VfB Hilden steigt auf und lässt klangvolle Namen hinter sich. Den VfL Benrath, den Rheydter SV, TURU 80, den DSC 99, KTSV Preußen Krefeld, Union Krefeld um einige zu nennen.

Beim 3-3 gegen den härtesten Verfolger BV04 Düsseldorf an der Hildener Hoffeldstraße läuft der VfB zwar einem 1-3 Rückstand hinterher ehe es am Ende mit dem drei drei vor 3.500 Zuschauern doch noch passt. Die restlichen Spiele sind Formsache.


Die Verbandsliga-Niederrhein ist allerdings dann eine andere Hausnummer. Da warten ganz fette Brocken. Kleine Auswahl gefällig ?

Der ehemalige Bundesligist Rot Weiß Oberhausen. Der amtierende deutsche Amateurmeister Fortuna Düsseldorf (Amat.) der VfB 06/08 Remscheid ehemaliger deutscher Amateurmeister (unter VfB Marathon Remscheid meine ich) , die ehemaligen Regionalligisten VfR Neuss und SSVg Velbert. VfB Bottrop, ebenfalls ehemals II. Division West und Regionalliga-West. Fragen ?

Obendrein musst Du in dieser Liga mindestens 8. werden, um Dich für die, ab der kommenden Saison neu startende Amateuer-Oberliga zu qualifizieren. Mindestens aber musst Du Tabellenvierzehnter werden, um wenigstens die Klasse zu halten.

Nach einigen saftigen Niederlagen fängt der VfB sich aber.

Gegen den ehemaligen Bundesligisten RWO unterliegen die Hildener nach tollem Kampf und einer 1-0 Führung an der Hoffeldstraße mit 1-3 und ebenso denkbar knapp und unglücklich endet das Rückspiel im Stadion Niederrhein mit zwo eins für RWO.

Dabei hatte RWO sich fast geweigert, zum Hinspiel an der Hoffeldstraße anzutreten. Nicht nur das der Aschenplatz ohne überdachte Tribüne den Anforderungen kaum genügte. Auch der alte Gebäudekomplex mit den Umkleiden und Duschräumen war grade abgebrochen und würde einer, für die Zeit moderne Sporthalle mit entsprechenden Mannschaftsräumen Platz machen.

Die Spieler mussten sich zu dieser Zeit an der Hildener Lortzingtraße umziehen und umständlich zu Fuß zum Platz laufen. Ein Unding eigentlich.

Für den amtierenden deutschen Amateurmeister Fortuna Düsseldorf (Amat.) kommt es an der Baustelle Hoffeldstraße noch dicker. 

Tagelanger Starkregen hat das Geläuf komplett unter Wasser gesetzt. Dabei hatte der VfB zum Spiel des Jahres die Werbetrommel gedreht und alles versucht, die ohnehin stets ordentlichen Zuschauerzahlen am Hoffeld zu toppen. Gegen die Düsseldorfer Fortuna, die u.a. die kommenden Bundesligaspieler Josef Weikl und Hubert Schmitz aufbieten wird kommen nur knapp 1000 Zuschauer. Eine Enttäuschung, die aber dem katastrophalen Wetter geschuldet ist. 

Und die, die an diesem Tag trotz Wind und Regen zu diesem Spiel an die Hoffeldstraße pilgern werden belohnt. Sie sehen einen VfB, der gegen die scheinbar übermächtigen Fortunen kämpft und alles gibt. Der Lohn ist ein 1-0 Sieg und das vielumjubelte Tor des Tages erzielt der ebenfalls viel zu früh verstorbene Hacki Brust.

Am Ende reicht es trotzdem nicht. Der VfB muss als Tabellenfünfzehnterzehnter den bitteren Gang in die Landesliga antreten. Ein Abstieg um gleich 2 Klassen. 

Punktgleich vor dem VfB auf dem rettenden Rang 14 beendet übrigens Sterkrade 06/07 die saison und es fehlte genau dieses Tor von Dieter Biermann in der letzten Sekunde des Spieles im Gelderlandstadion, hätte der gute Peter Iserath doch die Nerven behalten und den besser postierten Biermann mitgenommen. 

Der hätte nur noch in das verwaiste Tor treffen müssen.


Letzte Folge:

Nach dem Spiel und vor dem Spiel (4/4)

Vom Jägerheim und Sport Studio …

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