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Freitag, 17. Januar 2025

Nächstes Mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Gerald von Gorrisen - Episode 21

Heute: Gerald von Gorrissen über Preußen Münster in Liga 2.

Preußen Münster kehrt nach einer gefühlten Ewigkeit zurück in die 2. Bundesliga. Das Ganze passiert natürlich als Durchmarsch nach dem Absturz in die Regionalliga West. 

Wir haben mit NMAA Freund und Preuße Gerald von Gorrissen gesprochen, wie er als Fan das letzte halbe Jahr in Münster fußballerisch erlebt hat.

NMAA:

Moin Gerald und vielen Dank, dass du dich erneut zum Frage-/Antwort-Spiel bereit erklärt hast! Preußen in Liga 2. Wie fühlt sich das für dich nach einem Jahr an, wenn du es liest?


Gerald:

Einfach grandios! Im Januar 2024 waren wir 12. in Liga 3 und ich sehr optimistisch, dass wir als Aufsteiger die Liga halten werden…und jetzt sind wir in Liga 2 über dem Strich und haben teilweise großartig abgeliefert. 

“an einem kalten Freitagabend im Dezember mit 6.000 Leuten in Berlin zu feiern, fühlt sich noch etwas unwirklich an“

Aber mit 8.000 Leuten nach Hamburg zu fahren oder an einem kalten Freitagabend im Dezember mit 6.000 Leuten in Berlin zu feiern, fühlt sich noch etwas unwirklich an. Ich kenne auch noch andere Zeiten…


NMAA:

8000 Fans in Hamburg. Größerer Erfolg bedeutet auch zeitgleich mehr Anhänger*innen. Fluch oder Segen? Wie sieht das bei Heimspielen aus, da ist die Kapazität ja eher begrenzt in eurem Stadion.


Gerald:

Segen! Ich finde es super, wie sich die Wahrnehmung von Preußen in Münster und mittlerweile auch im Münsterland entwickelt hat. Natürlich kommen jetzt auch Leute, die nichts mit der Fanszene zu tun haben und das auch nicht wollen. Das macht die Koordination des Supports nicht leichter. 

“Ich persönlich fand die Stimmung bei den Heimspielen in der letzten Saison besser. Das ist für Münsteraner Verhältnisse aber Klagen auf sehr, sehr hohem Niveau.“

Der Heimbereich ist bislang immer ausverkauft gewesen, da sind dann natürlich auch immer Gelegenheitsbesucherinnen und -besucher dabei, die sich weniger bis überhaupt nicht beteiligen. Ich persönlich fand die Stimmung bei den Heimspielen in der letzten Saison besser. Das ist für Münsteraner Verhältnisse aber Klagen auf sehr, sehr hohem Niveau.


NMAA:

Wie sieht es in der Szene aus? Bekommt diese den Erfolg zu spüren? Wachsen die Gruppen?


Gerald:

Die Zahl der Fanclubs wächst. Auch an Orten, die vorher kein wirkliches Preußengebiet waren, entstehen neue Fanclubs. Die Auswärtsfahrerzahlen sind in die Höhe gegangen, auch zu den weiter entfernten Spielen. Viele ältere Leute sind wieder aktiver geworden.

Ob die Ultraszene jetzt mehr Zulauf hat, kann ich nicht genau sagen. Es ist halt alles mehr und größer geworden.


NMAA:

Bezogen auf die Auswärtsfahrten: Welches war für euch das Highlight der Hinrunde?


Gerald:

Direkt beim ersten Spiel in Fürth waren die Anzahl und die Stimmung im Gästeblock schon bemerkenswert. Da war zu erahnen, wohin die Reise diese Saison gehen kann. 

“Irgendwann wussten die Vorsänger nicht mehr, was sie anstimmen sollen…“

Beim Last-Minute-Ausgleich in Karlsruhe ist der Block herrlich durchgedreht. Ganz zu schweigen vom Sieg in Berlin inklusive der einstündigen Party nach Schlusspfiff! Irgendwann wussten die Vorsänger nicht mehr, was sie anstimmen sollen…


NMAA:

Zuletzt hattet ihr ja eine Menge größerer Szenen zu Gast. Wer hinterließ bisher die beste Visitenkarte, was den Support betrifft?


Gerald:

Stuttgart im Pokal war schon eine Hausnummer! In Sachen Mitmachquote und Konstanz des Supports war auch der Auftritt von Magdeburg stark. Und die Stadt am Rhein nördlich von Bonn war auch nicht ganz so schlecht, auch wenn ich das ungern sage.


NMAA:

Soweit man es mitbekommen hat, wurde die Planung für den Stadion-Umbau genehmigt. Ein Generalunternehmer scheint auch gefunden zu sein. Wann kann man also perspektivisch in MS einen neuen Ground besuchen und wie zufrieden ist die Fanszene mit dem Neubau?


Gerald:

Im Optimalfall könnte es sogar schon im 1. Quartal 2025 mit der Westtribüne losgehen, also dort, wo der alte Gästebereich beheimatet war. 

“In der AG Stadion war von Anfang an die Fanszene vertreten, sodass viele Wünsche bereits fester Bestandteil der Ausschreibung waren.“

Im weiteren Optimalfall soll zur Saison 2027/2028 das Stadioninnere dann komplett fertiggestellt sein.

In der AG Stadion war von Anfang an die Fanszene vertreten, sodass viele Wünsche bereits fester Bestandteil der Ausschreibung waren. Daher ist die Zufriedenheit grundsätzlich schon gegeben, wäre da nicht das Thema Stadionname…


NMAA:

Wie wahrscheinlich ist es, dass am Ende des Tages ein Investor als Namensgeber über dem Eingang prangert?


Gerald:

Sehr wahrscheinlich! Das Stadion gehört der Stadt und der Verkauf des Namensrechts ist Teil von deren Finanzplanung. Angeblich könnte die Stadt dazu sogar verpflichtet werden. Es scheint also unausweichlich zu sein, auch wenn es einen Mitgliederbeschluss des Vereins gibt, der aber wohl nicht bindend für die Stadt ist. Ich hoffe einfach darauf, dass es am Ende ein regionaler Sponsor wird, der das Stadion dann XYZ-Preußenstadion tauft und aus unserer Spielstätte nicht die XYZ-Arena wird.


NMAA:

Je höher die Liga, desto größer der kommerzielle Rahmen, der den Verein umgibt. Stellst du abgesehen vom Stadionnamen noch andere Entwicklungen fest, die den Fans sauer aufstoßen?


Gerald:

Aktuell überwiegt ganz klar die Freude, nach den beiden Aufstiegen gegen so namhafte Gegner und in diesen ganzen großen Stadien zu spielen. Mir persönlich sind diese Begleiterscheinungen gerade jedenfalls deutlich lieber als Spiele gegen 2. Mannschaften. Mal schauen, wie ich nach weiteren Saisons in der 2. Bundesliga dazu stehe.


NMAA:

Fast Forward: Wo siehst du den SCP in den kommenden 3 Jahren?


Gerald:

Champions League! Damit ich dann auch wirklich beurteilen kann, ob die kommerziellen Begleiterscheinungen wirklich noch tragbar für mein persönliches Fußballerlebnis sind. Im Ernst: es wäre ein Traum, in 3 Jahren im neuen Stadion zu stehen und Preußen in der 2. Bundesliga zu sehen, ohne als natürlicher Abstiegsfavorit zu gelten.


NMAA:

Champions League klingt ambitioniert! In der SCP Doku auf einem bekannten Streaming-Dienst gewinnt man den Eindruck, es existiert eine komplette Einheit zwischen Fans, Mannschaft und Verein. Die Realität sieht sicher anders aus. Was macht den SCP aktuell für dich aus, was Außenstehende nicht sehen können?


Gerald:

Diese Einheit ist seit einiger Zeit so stark wie wahrscheinlich noch nie. Das „Alle zusammen für Preußen Münster“ ist aktuell mehr als nur ein Fangesang. Unabhängig von den Spielergebnissen bleibt der Block gesammelt im Stadion, bis dass gemeinsam mit der kompletten Mannschaft gesungen wurde. Auch nach Spielen wie der 4:0-Niederlage zu Beginn der letzten Saison in Ostwestfalen ist niemand früher raus, es war kein böses Wort zu hören und das „Alle zusammen“ war lauter denn je. Es herrscht das Gefühl, die Mannschaft gibt immer alles und im Gegenzug merkt auch die Mannschaft, dass die Fans immer alles geben. Dadurch ist eine gegenseitige Wertschätzung entstanden, die authentisch daherkommt und schon bemerkenswert ist.

“Zusammengefasst: Es gab wahrscheinlich nie bessere Zeiten, Preußenfan zu sein, als jetzt!“

Auch zwischen Fanszene und Verein stimmt vieles. Gutes Beispiel: Durch den Aufstieg in die 3. Liga wurde der Verein zum „Club-Fan-Dialog“ gemäß Lizenz- bzw. Zulassungsordnung von DFB und DFL verpflichtet. Die größte Herausforderung war nicht, Vertreterinnen und Vertreter der Fanszene und der Vereinsführung an einen Tisch zu bekommen, sondern Parallelstrukturen zu vermeiden, da es schon vorher einen regen und teilweise auch formellen Austausch gab.

Zusammengefasst: Es gab wahrscheinlich nie bessere Zeiten, Preußenfan zu sein, als jetzt! 😄



NMAA:

Das ist ein schöner Schlusssatz! Die letzten Worte gehören wie immer dir! Danke lieber Gerald und viel Erfolg in der Rückrunde.


Gerald:

Dem stimme ich zu. Also nochmal: Es gab wahrscheinlich nie bessere Zeiten, Preußenfan zu sein, als jetzt!

Sonntag, 21. Januar 2024

Nächstes mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 20

Heute: Sebi - Massendefekt


So ziemlich jedem Menschen im Rheinland - welcher auf Punk’n Roll abfährt - ist die Band Massendefekt ein Begriff. Seit 23 Jahren tourt die Meerbusch-Düsseldorf Combo nun bereits über die Bühnen dieser Welt. Am 26.01.2024 erscheint ihr neues Album „Lass die Hunde warten“. Wir nutzten die Gelegenheit für einen kurzen Austausch mit Sänger Sebi Beyer. Vom Tanzen in Diskos (trotz des hohen Alters), über eine mögliche Hymne für ihren Lieblingsverein Fortuna Düsseldorf, bis hin zu einem positiven Mindset in düsteren Zeiten, ist alles dabei. Viel Spaß und herzlichen Dank an Sebi!


NMAA:

Hey Sebi und danke für deine Zeit! Am 26.01.24 erscheint euer neues Album „Lass die Hunde warten“. Ein markanter Titel! Was hat es damit auf sich?


Sebi:

Es bezieht sich auf das Sprichwort – Die Hunde warten schon – wo ja irgendwie immer ein Ende, ein Vorbei oder irgendwie Untergangsstimmung mitschwingt.

“egal wie Scheiße es momentan in der Welt oder Privat auch sein mag, „Lass die Hunde warten“, wird schon!“

Da wir aber immer positiv und mit Hoffnung durchs Leben gehen wollen und das auch meistens in unseren Songs ausdrücken, sagt der Titel, egal wie Scheiße es momentan in der Welt oder Privat auch sein mag, „Lass die Hunde warten“, wird schon!


NMAA:

Im Song „Pferdekotzen“ scheint es um eine Beziehung oder Freundschaft, die zu Bruch geht, zu gehen. Inspiriert durch eigene Erfahrungen oder was war der Antrieb?


Sebi:

Pferdekotzen ist einer von zwei Songs auf der Platte, die, das erste Mal, nicht alleine von uns geschrieben wurden.

Aber ich denke, jeder hat diesen einen Freund oder Partner, mit dem man viel erlebt hat und aus welchen Gründen auch immer, wird der Kontakt weniger und man lebt sich auseinander. Schade? Ja! Traurig? Auch! 

Aber so ist es halt und wer weiß, was passiert!

Man hat schon Pferde kotzen sehen.


NMAA:

Was heißt nicht alleine von euch geschrieben und welcher ist der andere Song?


Sebi:

Pferdekotzen lag schon seit Ewigkeiten bei Tim im Studio rum und wurde ursprünglich von ihm und Kotsche (Callejon) mal geschrieben. 

Tag am Meer ist eine Zusammenarbeit von Nico Fehlisch (Ex Rogers) und uns.


NMAA:

Wo wir gerade bei Songs sind: 

In einem Interview zu „Zurück ins Licht“ sagte Nico, es gäbe einen Song über Fortuna, wenn ihr einen Reim auf Fortuna gefunden habt. Ist es nun endlich soweit?


Sebi:

Den Reim suchen wir immer noch! 😉

Aber mal ernsthaft, dass Fortuna zumindest Nicos und mein Verein ist, steht außer Frage. 

“Aber wenn der Verein Bock drauf hat, gerne melden!“

Vielleicht kommt da ja wirklich irgendwann nochmal was, aber wir haben ja schon einige gute Songs hier über die Fortuna, wenn man mal Korsakow oder JayJay als Beispiel nennen will.

Aber wenn der Verein Bock drauf hat, gerne melden!


NMAA:

Wir bleiben noch beim Fußball. NMAA berichtet ja fast ausschließlich über den Amateurfußball. Wäre das nicht auch ein Weg für euch in Zeiten von Kommerz und Ausverkauf des Profifußballs?


Sebi:

Ich habe in meiner Jugend jahrelang selbst im Verein gespielt. Tura Büderich, der heute FC Büderich heißt. Ich verfolge das immer noch, wenn auch nicht so intensiv wie die Fortuna. 

“Wird Musik oder ein Song schlechter, nur weil derjenige, der ihn singt, evtl. kommerziell erfolgreicher ist?“

Kommerz hin oder her, wenn du deinen Verein hast, ist es halt dein Verein! Wird Musik oder ein Song schlechter, nur weil derjenige, der ihn singt, evtl. kommerziell erfolgreicher ist?


NMAA:

Zurück zur Musik: Gibt es auf dem Album einen Song, der euch besonders am Herzen liegt?


Sebi:

Normalerweise gibt es für mich auf jedem Album immer einen Song, mit dem ich nicht so ganz happy bin. Das ist dieses Mal nicht der Fall und ich tue mich schwer, da einen hervorzuheben. Von der Thematik her finde ich Sommerregen sehr schön, da er die immer noch zu wenig beachtete Krankheit Depression beinhaltet. 

“Von der Thematik her finde ich Sommerregen sehr schön, da er die immer noch zu wenig beachtete Krankheit Depression beinhaltet.“

Disko mag ich sehr, da er live ziemlich gut funktioniert und auch Zugvögel, da es damit anfing und das erste Riff war, welches wir für die Platte geschrieben haben.


NMAA:

Kommen wir auf „Disko“ zu sprechen. Wir bewegen uns alle mittlerweile zwischen 40 und 50 Jahren oder älter. Geht wirklich noch wer in die Disko? Ist nicht um spätestens 1h Schluss?


Sebi:

Es gibt durchaus noch Abende, wo man mal vor die Tür geht, um zu feiern. Es sind durchaus weniger geworden und ich weiß nicht, ob da jetzt eine Disko in dem Sinne eine Rolle spielt. 

“Wenn wir nach der Show nochmal heiß sind und losziehen, dann kann es auch mal ne Disko werden. Musik hält jung!“

Aber wenn, dann wäre ich wohl eher derjenige, der erstmal an der Bar steht und dann die letzten 10Minuten nutzt, um den Tanzpanther auf der Tanzfläche zu präsentieren.

Auf Tour ist das was anderes! Wenn wir nach der Show nochmal heiß sind und losziehen, dann kann es auch mal ne Disko werden. Musik hält jung!


NMAA:

Du hast zu Beginn des Interviews bezogen auf den Albumtitel gesagt: "Lass die Hunde warten, wird schon." Wenn man sich so in der Welt umblickt…in Deutschland und ganz Europa ist der Rechtsruck mittlerweile zum Alltag geworden, dazu noch Krieg, Klimakatastrophen usw. Wird es deiner Meinung nach wirklich wieder? Wie schöpft man Hoffnung in solchen Zeiten?


Sebi:

Ich weiß nicht, ich bin es einfach leid, pessimistisch in die Zukunft zu schauen und versuche, mit gesundem Optimismus nach vorne zu gehen.

“Besonders jüngere Menschen setzen sich ein und sind interessiert. Das finde ich ist schon eine Weiterentwicklung und lässt mich auch hoffen!“

Selbstverständlich sehe ich, was für eine Kacke gerade auf der Welt los ist, aber ich sehe auch einen großen Teil, wenn nicht sogar größeren Teil, der etwas unternimmt und sich einsetzt. Besonders jüngere Menschen setzen sich ein und sind interessiert. Das finde ich ist schon eine Weiterentwicklung und lässt mich auch hoffen!


NMAA:

Das ist ein schöner Schlusssatz. Die letzten Worte gehören dir. Teile, was du der Welt mitgeben möchtest!


Sebi:

Na dann würde ich gerne nochmal den Werbekoffer öffnen und allen die neue Platte und die Tour ans Herz legen. Würde mich sehr freuen, wenn wir uns live sehen, ihr die Platte kauft und wir diese dann gemeinsam feiern.

Ansonsten passt auf euch auf, bleibt gesund und baut keinen Scheiß!

Küsschen


Auf www.massendefekt.de könnt ihr die Platte ordern und die Tourdaten einsehen. In diesem Fall raten wir dazu, die Hunde nicht warten zu lassen, sondern bei Platte und Tickets zuzuschlagen. 


Hier gehts zur Single "Pferdekotzen"

Donnerstag, 11. Januar 2024

Nächstes mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 19

Heute: Dennis - SVR Amigos - SV Rödinghausen 

Mitte Oktober regnete es in Strömen. Was kann man da besseres unternehmen, als eine Groundhopping-Tour ins ferne Rheda-Wiedenbrück? Richtig! Gar nichts! Am Ende landeten wir im Gästeblock, samt Anhängerschaft des SV Rödinghausen und jeder Menge Bier. Dabei trafen wir auf Dennis. Fanbeauftragter, Verfechter des Amateurfußballs und Mitglied der „SVR Amigos“. Dieser stand uns Rede und Antwort, obwohl es aus Eimern kübelte. Aber lest selbst:


NMAA:

Wir stehen hier gerade im Gästeblock von Rheda-Wiedenbrück und du bist der Vorsänger, oder?


Dennis:

Ich bin eigentlich der Fanbeauftragte und jemand, der alles so ein bisschen mit organisiert bei unserer kleinen Fanszene.


NMAA:

Fanbeauftragter heißt, du kümmerst dich um wie viele Personen?


Dennis:

Das ist überschaubar. Wir haben zwischen 10 und 50 Personen, die uns Auswärts begleiten. Die Leute reisen meist privat an, oder mit einem Bulli oder einem kleinen Bus. 

“Wir haben zwischen 10 und 50 Personen, die uns auswärts begleiten.“

Es geht primär darum, ein paar grundsätzliche Sachen zu regeln. Anmeldungen, Anreisen etc. 


NMAA:

Sind die Menschen denn wirklich ausnahmslos für den SV Rödinghausen da, oder gibt es da auch große Vereine, denen man folgt?


Dennis:

Klar. Alle haben schon irgendeinen Favoriten. Bielefeld, Schalke oder der Verein aus der Kindheit. Aber die Meisten kommen wirklich bei uns aus dem Dorf und unterstützen den Verein SV Rödinghausen schon mit entsprechendem Herzblut.


NMAA:

Du hast hier eben mit dem Megafon gestanden. Wie bist du dazu gekommen?


Dennis:

Ja….einer muss es ja machen(lacht). Das hat sich automatisch ergeben. Wir haben 1–2 Leute, die sich das Megafon schonmal schnappen und einer davon bin eben ich. Es dient ja wirklich nur dazu, dass man die Jungs ein bisschen unterstützen kann und man ein wenig Stimmung mit den paar Leuten hinbekommt.


NMAA:

Wir fanden, es war schon ein guter Auftritt. Klar seid ihr ein kleiner Haufen, aber 90 Minuten Support bei durchgehendem Dauerregen. Unseren Respekt habt ihr! Wie sieht denn der Traum mit dem SV Rödinghausen aus?


Dennis:

Mein persönlicher Traum ist: Wir bleiben da, wo wir gerade sind. Das reicht doch in der Regionalliga. 3 Liga ist zu viel für das kleine Dorf. Sportlich gesehen möchte man natürlich das Bestmögliche herausholen. Für Rödinghausen ist die Regionalliga am besten. 

“Klar wäre höher spielen immer schön, von mir aus kann es allerdings so bleiben.“

Das kann man handeln und es ist machbar, dass wir ein paar Leute auswärts dabei haben. Klar wäre höher spielen immer schön, von mir aus kann es allerdings so bleiben. Sollte es natürlich in die dritte Liga oder dergleichen gehen, nehmen wir das mit und testen es an. Aber so wie es ist, ist es doch super. Ne tolle Truppe und eine schöne, kleine eingeschworene Gemeinschaft, die viel Spaß hat. Das ist auch das Wichtigste!


NMAA:

Ist es vielleicht auch ein wenig eine Alternative zum modernen, kommerziellen Fußball? Wir stehen hier schon sehr Basis-nah, wenn man das so sagen darf.


Dennis:

Ob es jetzt für alle gilt, weiß ich nicht. Ich finde allerdings schon, dass es ein wichtiger Punkt ist. Bodenständig und näher dran. Alles nicht so abgehoben. 

“Man muss so ehrlich sein und sagen, dass selbst die vierte Liga entsprechend professionell arbeitet.“

Man muss so ehrlich sein und sagen, dass selbst die vierte Liga entsprechend professionell arbeitet. Aber insgesamt ist es ehrlicher. Wir wissen jedoch auch: Das Fußball-Geschäft -egal in welcher Liga- hat sich verändert.


NMAA:

Bist du von klein auf Rödinghausen Fan, oder hast du dort gespielt?


Dennis:

Ich bin selber kein gebürtiger Rödinghausener, wohne allerdings bereits lange dort. Irgendwann bin ich zum Kreisligaplatz gegangen. 3 Zuschauer, Regen, auf Ascheplätzen. Das war geil. So bin ich dabei geblieben und freue mich, dass es gewachsen ist. 

“Irgendwann bin ich zum Kreisligaplatz gegangen. 3 Zuschauer, Regen, auf Ascheplätzen. Das war geil.“

Wenn es wieder runter geht, sind wir selbstverständlich weiter dabei. Das ist eine Herzenssache!


NMAA:

Wir haben Mitte Oktober und ihr steht hier alle in Sombreros. Bei uns im Rheinland läge die Vermutung nah: Wir haben Karneval! Was hat es damit auf sich?


Dennis:

Ganz simple Sache. Eine große Imbisskette hatte „Los Wochos“. Das hat uns scheinbar inspiriert und so saßen wir plötzlich bei einem Heimspiel mit den Sombreros auf den Köpfen. Früher gab es auch den Wacholder Club in Rödinghausen. Das war die Generation, die gern Wacholder trinkt. Aus einer Bierlaune haben wir dann den Sombrero-Club gegründet. Da berichtete sogar die lokale Zeitung drüber, also sollte als Nächstes ein richtiger Name gefunden werden. 

“Aus einer Bierlaune haben wir dann den Sombrero-Club gegründet.“

SVR Amigos wurde es, lag ja nahe. Wir gehören nicht zur Ultraszene, sondern sind „Amigos“, die zum Fußball fahren. Im Sommer ist der Sombrero praktisch. Heute bei dem Regen vollkommen überflüssig(lacht). Aber das gehört nun mal als Markenzeichen seit über 10 Jahren zu unserer Fangruppe.


NMAA:

Ihr seid schon ein ganz schön bunt gemischter Haufen, wenn man sich euch anschaut.


Dennis:

Hier ist alles dabei. Jungs, Mädels. Von 20-85 Jahren. Wenn du Spaß an der Sache hast und nett bist, komm mit.


NMAA:

Wenn wir uns ein bisschen schlau über euch machen wollen, wie findet man euch? Gibt es eine Internetpräsenz?


Dennis:

Gebt „svr-amigos“ bei Google ein. Da existiert eine Jimdo-Seite von uns. Schaut gern vorbei!


NMAA:

Wir kommen zum Ende, denn der Ordnungsdienst möchte uns aus dem Stadion kehren. Das letzte Wort gehört immer dem interviewten Menschen. Schieß los! Was hast du noch zu sagen?


Dennis:

An alle Fußball-Fans: Geht zu den kleinen Vereinen. Seid friedlich, freundlich und habt Spaß!

Samstag, 7. Oktober 2023

Nächstes mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 18

Heute: Ulli Münsterberg 

©️ Michael Kelleners 


Eine Bomber Tour nach Stuttgart, Schüsse in Lüttich, Krieg am Betzenberg. In fast 50 Jahren Fan-Historie, hat Ulli Münsterberg so einiges erlebt. Wir haben uns vergangene Woche mit ihm getroffen und ein bisschen auf den Zahn gefühlt. Alles konnten wir leider nicht vertonen, denn dafür reichen nicht mal mehrere Bücher. Zum Glück hat Ulli ein paar seiner spannenden Storys verschriftlicht. Ihr findet „Fortunaplatz!Endstation!“ von Ulli Münsterberg unter: 

http://www.trolsen.de/index1.html

Danke Ulli! Es war uns eine innerliches Blumenpflücken! Bleib so wie du bist und uns allen mit deinen großartigen Geschichten noch viele Dekaden erhalten!
Und hier kommt das komplette Interview mit Ulli Münsterberg zum nachhören
Und falls du keine neue Folge verpassen willst, folg uns doch direkt auf Spotify!

Montag, 18. September 2023

Nächstes Mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 17

Heute: Boris Bartels 



Vor wenigen Wochen haben wir uns mit Boris Bartels getroffen. Unser erster Podcast wurde eingespielt. Fürs erste Mal ist es recht gelungen. Das liegt allerdings auch primär an unserem spannenden Interview Partner. Mythos Fortuna, Halbangst, Punkrock….was Boris alles so bewegt (und auch beunruhigt) könnt ihr euch nun anhören. Wir möchten gar nicht zu viel verraten. Wenn wir allerdings einen ganzen Tag Zeit gehabt hätten, dann wäre hieraus ein 24 Stunden Podcast geworden. Danke Boris! Es war uns eine Ehre! 

Und hier kommt das komplette Interview mit Boris Bartels zum nachhören
Und falls du keine neue Folge verpassen willst, folg uns doch direkt auf Spotify!

Mittwoch, 23. August 2023

Auf den Zahn gefühlt - NMAA bei fümmenneunzichum6


Zur Abwechslung haben wir uns mal selbst auf den Zahn fühlen lassen und haben Olli Bendt bei Fümmenneunzigum6 auf Antenne Düsseldorf Rede und Antwort gestanden.



Wer das letzte Woche im Radio verpasst hat, bekommt jetzt nochmal die Chance zum Nachhören! Los geht's ab Minute 15:35! Hier das ganze Interview!


Donnerstag, 11. Mai 2023

Nächstes Mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 16 - Part 1

Heute: Gerrit Starczewski - Part 1/3

Wir haben uns mit Gerrit Starczewski getroffen. Dem Schöpfer der Pottoriginale, Star-Fotograf und glühender Fan des VfL Bochum. Gerrit hat so viel spannendes Zeug zu erzählen, dass ein Abend dafür bei weitem nicht ausreichend ist. Zwei Stunden Interview haben wir dennoch aufs digitale Papier bringen können und wir hoffen es gefällt euch genauso gut wie uns. Hier ist also Teil 1 von 3.


Von Pete Doherthy, dem Grotifanten, einer Froschdroge, Lemmy Kilmister als Dieb und wie Gerrit 2x in den Knast ging….


-Triggerwarnung: Drogenkonsum-


NMMA:

Moin Gerrit und vielen Dank, dass du dich zu unserem Interview bereit erklärt hast!


Gerrit:

Ja, vielen Dank an euch!


NMAA:

Wir starten erstmal fernab vom Fußball. Dein Opa hat dir geraten immer anständig gewichste Schuhe und Zuckerwasser in den Haaren zu haben. Wieviel ist davon übrig geblieben?


Gerrit:

Wie du siehst hab ich heute kein Zuckerwasser in den Haaren und meine goldenen Schuhe sind im Auto. Es stimmt aber wirklich, mein Opa hat mir auf den Weg mitgegeben, man möge immer frisch gewichste Schuhe und Zuckerwasser in den Haaren tragen. Es ist dann egal wie du tanzt, du hast automatisch Erfolg bei Frauen. Der Spruch hat mich als Kind bereits fasziniert und war mit ein Grund, wieso ich bei den Menschen auf die Schuhe geachtet habe. Weil ich schon sehr früh auf Konzerten war und hier bereits Fotos für Musikmagazine schießen konnte und durfte, kam ich auf die Idee, Schuhe von Rockstars und Musikern zu fotografieren. Hieraus ist die legendäre Fotostrecke „Dancing Shoes“ entstanden. Das war sozusagen mein Durchbruch in der Popkultur. Es gibt bei ARTE Tracks einen recht gelungenen Beitrag hierüber. 

“ARTE Tracks war für mich wie ein Ritterschlag“

Was etwas schade war, ich war am Vorabend in Berlin, wo eine Liaison für mich zu Ende ging. Ich war also völlig übermüdet und dann war Drehtag für ARTE. Ich war total gestresst, was schade war, denn ARTE Tracks war für mich wie ein Ritterschlag. Das Format gibt es heute leider nicht mehr. Bei ARTE Tracks gelaufen zu sein, war so ziemlich das coolste was es in Sachen Popkultur gab. Daraufhin wurde ich zu TV Total eingeladen, was auch damals ne’ ziemliche Hausnummer war. Mir haben die Besuche schon viel ermöglicht was „Dancing Shoes“ betrifft oder auch wen ich fotografiert habe. Da schließt sich schon der Kreis zum Fußball, denn damals hab ich jemanden fotografiert, der hierüber Ehrenmitglied des KFC Uerdingen geworden ist. Es war Pete Doherthy. Der - für mich größte - Drogen-Rockstar meiner Generation. Was mich unheimlich fasziniert hat war, dass er scheinbar mehrere Jahre in Krefeld gelebt hat, weil sein Vater britischer Soldat war. 

“Es war Pete Doherthy. Der - für mich größte - Drogen-Rockstar meiner Generation.“

Pete hat sein erstes Spiel bei Uerdingen gesehen. Er erzählte mir auf einem Drogentrip, dass es früher dort einen echten Elefanten vom Krefelder Zoo gab, welcher zu Heimspielen ins Stadion geführt wurde. Bayern München Fans haben den Elefanten allerdings beworfen, daraufhin wurde sich seitens des Vereins, gegen einen echten Elefanten entschieden. Die Entstehung des Grotifanten. Auch wenn es ein Drogentrip von Pete war, ich denke die Geschichte stimmt! 


NMAA:

Stimmt es, dass Pete Doherthy sich mit Uerdingen Fußball Songs warm singt?


Gerrit:

Ich hab es leider nicht gefilmt. Pete Doherthy hat 2014 für mehrere Monate beim Tonstudio/Label von „Clouds Hill“ in Hamburg gelebt. Ein damaliger Freund, Johann Scheerer, hat ihn produziert. Johann Scheerer im übrigen für sich schon eine total spannende Person. Johann ist der Sohn von Jan Phillip Reemtsma, welcher 1996 Opfer der bekannten „Reemtsma Entführung“ wurde. Johann hat hierüber auch bereits geschrieben.

“und plötzlich beginnt er irgendwas über Uerdingen zu singen. „Bayer Uerdingen have many Fans - many Fans have Bayer Uerdingen and i‘m one of them….“ oder so ähnlich“

Pete nimmt also bei Johann ein Solo Album auf und ich hab als Fotograf mehrere Sessions mit der Kamera begleitet und durfte sogar in der Studio-Wohnung pennen. Also nun steh‘ ich da mit ihm im Tonstudio. Das ist ja ohnehin ein sehr intimer Moment und plötzlich beginnt er irgendwas über Uerdingen zu singen. „Bayer Uerdingen have many Fans - many Fans have Bayer Uerdingen and i‘m one of them….“ oder so ähnlich. Ich fand das so geil und wollte mit ihm immer über Uerdingen reden. Sicherlich hab ich ihn damit auch ziemlich genervt. Seine Freundin mochte mich deswegen nicht. Sie meinte damals nur:“Was will der bekloppte ständig mit seinem Uerdingen?“ Dann wollt ich für die „11 Freunde“ ein Bild machen und hab es wiederum zu gut gemeint. Ich wollte Pete Doherthy treffen und von ihm ein Foto machen: Er im Grotifanten Kostüm! Wie er den Kopf daneben hält vielleicht. Was ein Wahnsinns Bild wäre das gewesen? Ich war bei seiner Show Backstage in Amsterdam und bekam von ihm bereits Pässe für Düsseldorf. Das Konzert sollte 2 Tage später stattfinden. Ich hab das Grotifanten Kostüm, den Pressetypen, noch einen Offiziellen und den Typ der normalerweise in dem Kostüm steckt vom KFC mitgenommen. Dafür hab ich dann natürlich von Pete‘s Management ordentlich einen drüber bekommen. Die hatten wenig Verständnis, dass ich plötzlich mit zig anderen Leuten da aufkreuzte. Ich durfte nun also auch nicht mehr Backstage. Das Kostüm des Grotifanten hat es trotzdem geschafft und zwar ist während der Show, ein Roadie im Grotifanten-Kostüm auf die Bühne gesprungen und hat Pete damit dann doch noch überraschen können. Dann, ich glaub 2014/2015, als Pete auf dem Lollapalooza in Berlin gespielt hat, habe ich ihm eine überdimensionale Ehrenmitgliedskarte des KFC Uerdingen überreicht. An dem Tag titelte sogar die BILD „Skandal-Rocker wird Ehrenmitglied bei Fünftligist KFC Uerdingen!“. Leider hat Lakis (damaliger Geldgeber des KFC) die Strahlkraft der Situation nicht richtig gecheckt. Die Libertines (Pete’s Band) waren damals Trikot-Sponsor von Margate FC in England. Ich hab darauf drängen wollen, dass der KFC Uerdingen ein Testspiel mit dem englischen Team vereinbart. Mit der Story ist die Band um Pete ja schon beinah gezwungen, mit nach Uerdingen zu reisen, nehmt den Hype jetzt mit! Leider war ich da alleine mit meiner Meinung.

“Das Kostüm des Grotifanten hat es trotzdem geschafft und zwar ist während der Show, ein Roadie im Grotifanten-Kostüm auf die Bühne gesprungen“

Pete Doherthy hat zwar in Krefeld gelebt, aber selber Fußball gespielt in einem Dorf bei Kempen und zwar beim VfL Tönisberg. Ich wollte unbedingt alte Mannschaftsfotos aus Tönisberg haben, da Pete mir im Tourbus von seiner Karriere als Spieler erzählt hat. Er konnte sich auch an ein paar Namen erinnern, der Torhüter hieß damals wohl Mauro. Jedenfalls war meine Idee, ein Mannschaftsfoto von damals, heute nachzustellen. Leider sah sich der Verein zu dem Zeitpunkt, nicht in der Lage Recherche zu betreiben, wer Anfang der 90er die Mannschaften betreut hat und kannte Pete Doherthy wohl auch nicht wirklich. Ich hätte gern den Spielerpass von Pete Doherthy bekommen. Das wäre doch geil gewesen. Die gesamte Geschichte war und ist geil. Leider haben beide Vereine zum damaligen Zeitpunkt nicht erkannt, wie gut man das Ganze hätte aufziehen können. Der VfL Tönisberg hat mir aber damals ein Trikot gegeben, welches ich Pete auch überreichen konnte.

“Er konnte sich auch an ein paar Namen erinnern, der Torhüter hieß damals wohl Mauro.“

Zum KFC gibt es allerdings noch eine Anekdote, die hat mir damals Daniel Staude erzählt. Robbie Williams hatte zwischen seinen Auftritten einen Off-Day und diesen genutzt, um sich inkognito ein Spiel in der Grotenburg anzusehen. Allerdings verlasse ich mich hierbei jetzt auf die Geschichte von Daniel. 


NMAA:

Du selbst trinkst weder Alkohol noch nimmst du Drogen. Man stellt sich das ziemlich schwierig vor. Auf der einen Seite jemand der recht abstinent lebt und auf der anderen Seite der damalige Pete Doherthy…


Gerrit:

Zucker ist meine Droge. Pete ist mittlerweile clean glaube ich. Er ist auch ein bisschen dicker geworden, was ja schon ein Zeichen dafür ist, dass er weniger Drogen nimmt. Pete hat mir aber damals auch alles angeboten. Von Crack-Pfeife angefangen und keine Ahnung ob es am Ende Heroin war. Ich bin mit ihm in Hamburg hinter den Bahnhof gefahren, da ist so ein Kunstmuseum und irgendwo dort auch scheinbar ein Drogenumschlagplatz…da hab ich ihn bzw. den Schlagzeuger damals hingefahren. 

“Er hatte auch irgendwie so ne‘ Petri-Schale und einen gerösteten Frosch…“

Als Gegenzug hat er mit mir ein 10 minütiges Video über Uerdingen gemacht. Er hatte auch irgendwie so ne‘ Petri-Schale und einen gerösteten Frosch…für mich sah es jedenfalls aus wie ein gerösteter Frosch. Hat den Frosch in der Petri-Schale zerkleinert, in die Pfeife gestopft, sich das Zeug reingezogen und danach 10 Minuten mit mir über seine Kindheit und Uerdingen gesprochen. Das war schon ziemlich crazy…


NMAA:

Du warst mit Pete ja im Studio und um 2 Uhr morgens hat er sich überlegt, jetzt wäre ein günstiger Zeitpunkt um aufzunehmen. Nachdem er völlig drüber war.


Gerrit:

Das war für Johann, den Produzenten, schwierig. Er legt schon - ganz norddeutsch - wert auf Disziplin und Pünktlichkeit. Johann blockt den ganzen Tag das Studio für Pete und Pete taucht dann nicht auf. Stattdessen ruft er mitten in der Nacht an und sagt:“Hey Johann, können wir jetzt aufnehmen?“. Johann war natürlich wenig begeistert, aber das gehörte damals irgendwie zu der Arbeit mit Pete dazu. Pete‘s aktueller Manager, war im übrigen mal 4.Liga Profi in England und hat dort bei einem Pokalspiel ein legendäres Tor geschossen, auch ein steiler Fußball-Typ.

“Stattdessen ruft er mitten in der Nacht an und sagt:“Hey Johann, können wir jetzt aufnehmen?“…“

Pete sieht sich nachts im übrigen ganz gern Hooligan Videos aus England an. Casual Riot Videos. Die hab ich mit ihm zusammen gesehen. 


NMAA:

Ich komm nochmal zurück auf dein Buch „Dancing Shoes“ und den dazugehörigen Besuch bei TV Total. Ich fand Stefan Raab recht abwertend, was das Fotografieren von Schuhen betraf. Hat dich das genervt?


Gerrit:

Nein, überhaupt nicht. An dem Tag ist mir echt eine Chance entgangen. Wäre ich ganz normal gewesen, hätte ich vielleicht sowas werden können, wie ein neuer „Elton“, da ich schon recht schlagfertig und taff bin. Ich fand es schon ziemlich geil, dass ich damals da war. Das war auch wichtig, um noch ein Level weiter zu kommen. 

“Wäre ich ganz normal gewesen, hätte ich vielleicht sowas werden können, wie ein neuer „Elton“, da ich schon recht schlagfertig und taff bin.“

Was für mich schon fast traumatisch nachhängt ist, dass ich von meinen Leuten 5-6 Personen mitgenommen habe. Meinen Bruder, meine damalige Freundin…und meine damalige Freundin war gefühlt etwas eifersüchtig oder unsicher. Sie hat gemerkt, dass ich jetzt bekannter werde und konnte damit nicht so gut umgehen. Ich hätte da alleine hingehen sollen. Der ganze Vibe an dem Abend und in der Nacht vorher war nicht gut. Ich konnte nicht pennen und meine Locken lagen nicht. Das war schonmal Scheisse. Die Redakteurin, die mich eingeladen hat mochte mich, aber wenn du dann merkst, dass deine Leute die Situation überfordert, ist das kacke. Dann ging es weiter: Zu der Zeit wog ich 40 Kilo weniger und trug immer ein weißes Hemd, ein Seidentuch, goldene Schuhe. An dem Tag hatte ich allerdings etwas an, was ich noch nie getragen hatte. Eine Freundin - Modedesignerin - hatte eine Lebenskrise und ich wollte ihr irgendwie ein gutes Gefühl geben. Also hab ich Kleidung von ihr bei dem Auftritt getragen. Das hat mich trotzdem verunsichert. Die dritte Sache war, ich geh in die Maske und da sitzt der Choreograf Jorge von Germanys Next Topmodel. Er bekam gerade die Haare geglättet und dann kam ich rein. In der Maske fragte man mich dann:“Was machen wir jetzt mit dir?“ und ich antworte:“Meine Locken liegen nicht!“. Das Glätteisen war wohl noch warm und so hab ich mir in einem schwachen Moment die Haare glätten lassen. Keine Ahnung was ich mir dabei gedacht habe. Ich hab mich angesehen und gedacht: “Oh mein Gott…was hab ich da getan?!“. Dann kommt Stefan Raab sagt „Hallo!“ und als nächstes „Wie siehst du denn aus?“. 

“Das Glätteisen war wohl noch warm und so hab ich mir in einem schwachen Moment die Haare glätten lassen. Keine Ahnung was ich mir dabei gedacht habe.“

Das war so scheisse… Dann war auch noch meine Brille kaputt und anstatt da ohne Brille reinzugehen, hab ich den Bügel an der Seite behelfsmäßig geklebt. Dabei saß dort auch Lena Meyer Landrut, mit der ich mich verstanden habe und die mir ihre Brille angeboten hat. 

Dass du bei Raab ein bisschen durch den Kakao gezogen wirst, war ja absehbar. Ich hatte mir auch schon Antworten zurecht gelegt. Insbesondere auf die Frage, ob die Schuhfotos von mir ein perverser Fetisch sind. Raab hat allerdings eine Metzger-Lehre gemacht. Da lagen die Trümpfe in meiner Hand. Ich war aber an diesem Abend wenig schlagfertig und das musste man bei diesem Format sein. Je schlagfertiger du bist, umso besser findet Stefan Raab es. Hätte ich mich da - für mich - anständiger oder taffer präsentiert, wäre mein Weg vielleicht ein anderer geworden. Der Auftritt war zwar an sich gut, aber alle haben mich danach gefragt: “Was war denn mit deinen Haaren?“. Andererseits ist es auch cool, dass genau die Haare dazu führten, dass es den Leuten in Erinnerung geblieben ist.


NMAA:

Raab hat sich glaube ich insbesondere über die Füße von Beth Ditto (Gossip) lustig gemacht.


Gerrit:

Sie hat als recht voluminöse Frau immer barfuß performed. Außerdem kann sie schlecht in Stöckelschuhen auf der Bühne rum springen. Ihren von mir abgelichteten Schuh fand ich allerdings ziemlich geil. Da gibt es auch eine schöne Anekdote. 

“Was soll ich sagen…Lemmy hat mir das Buch mit der Widmung nicht mehr zurück gegeben… ich dachte: Na gut, jetzt hab ich zumindest ein Bild von Lemmy.“

Ich hab mir keine Freigabe für das Schuhbild von Beth geholt, sondern es einfach in meinem Buch abgedruckt. Als ich dann auf dem Pink Pop in den Niederlanden war, hat Beth von mir das Buch bekommen, um es zu signieren und ein gemeinsames Bild zu machen. Sie hätte ja auch ausflippen können, stattdessen hat sie total cool reagiert und gesagt: “Oh Gott..meine Füße!“. Am Ende hat sie auf deutsch „Das ist sehr punk!“ darauf signiert. Danach hat sie mich an die Hand genommen, wir sind Backstage gegangen und haben noch Bilder gemacht. Unter anderem davon wie sie meine Brille trägt und einen Joint raucht. Plötzlich lief Lemmy von Motörhead vorbei. Ich hatte aber nur dieses eine Buch mit, das was sie mir bereits signiert hatte. Man muss dann schnell sein, nicht lange fackeln, sondern sofort anquatschen. Hau also Lemmy an, wegen nem Bild von seinen Schuhen. Drück ihm zur Ansicht mein Buch in die Hand. Er nimmt das Buch und sagt mit einer Whisky-Stimme: „One Shot!“. Was soll ich sagen… Lemmy hat mir das Buch mit der Widmung nicht mehr zurück gegeben… Ich dachte: Na gut, jetzt hab ich zumindest ein Bild von Lemmy.


NMAA:

Franz Ferdinand haben dein Hobby mit den Schuh-Bildern, aber nicht ganz verstanden.


Gerrit:

Die waren irritiert. Das war 2007 oder 2008 auf dem MELT!. Tja und manche Musiker sind eben auch auf nem Trip oder irgendwie drauf und du fragst sie „Kann ich nen Foto von dir machen?“. Die Musiker posieren dann, dabei wollte ich nur die Schuhe fotografieren. Das hat Teile der Band dann doch ziemlich irritiert. Bei Franz Ferdinand spielte längere Zeit auch ein Deutscher, der die Band aus familiären Gründen verlassen hat. Nick McCarthy war das. Er hat zu meinem letzten Film mit seinem Sideproject, 2 Songs beigesteuert.


NMAA:

Du hast mal gesagt: “Die Stellung der Füße von Musiker:innen, spiegeln häufig nicht die Körpersprache auf der Bühne wieder" und das hätte dich auch etwas zu diesen Bildern inspiriert.


Gerrit:

Das ist das Spannende. Erstmal der Style der Schuhe. Sind die Schuhe abgenutzt? Haben die Spuren? Wie steht jemand? Das drückt sehr viel über die Spannung oder Haltung oder auch über mögliche Unsicherheiten aus. 


NMAA:

Kannst du dich an Kunster:innen erinnern, wo der Kontrast besonders groß war zwischen Körpersprache und Stellung der Füße? Wo du sagst: Die Person fühlt sich gerade sichtlich unwohl.


Gerrit:

Bei allen Indie Künster:innen würde ich sagen, allerdings kann es da auch durchaus sein, dass die Menschen einfach gerade zum Beat mitgegangen sind. So direkt fällt mir aber niemand ein.


NMAA:

Was ist dein Lieblingsbild in deinem Buch „Dancing Shoes“?


Gerrit:

Das Buch an sich fand ich nie so mega schön. Man hätte es anders gestalten müssen. Nur Bilder auf weiß, das ist dann doch am Besten. Mein wichtigstes Bild ist der goldene Schuh von Alison Mosshart von „The Kills“. 

“Der goldene Schuh steht für Glanz, Glamour…für high moments. Der Schuh ist gleichzeitig sehr abgenutzt und das steht wiederum für Einsamkeit, Depression. All das ist Rock‘n Roll.“

Dieser goldene Schuh ist mein wichtigstes Foto überhaupt. Der goldene Schuh steht für Glanz, Glamour…für high moments. Der Schuh ist gleichzeitig sehr abgenutzt und das steht wiederum für Einsamkeit, Depression. All das ist Rock‘n Roll. Der stetige Wechsel zwischen high - low. Das alles steckt in diesem Bild! Das war meine Inspiration, warum ich mir meine Schuhe auch gold gesprayt habe.


NMAA:

Machst du das heute auch noch?


Gerrit:

Ja klar! Ich bin über die Jahre allerdings dicker geworden und wenn ich zu lange solche Schuhe trage, merke ich das doch leider irgendwann.


NMAA:

In deinem Buch ist auch ein Foto von den Schuhen der „Hives“. Man denkt bei deren smartem Auftreten nicht, dass die Schuhe so derbe runtergerockt sind.


Gerrit:

Die Schuhe sind häufig das Kleidungsstück, welches auf der Bühne bei einem Konzert nie gewechselt wird. Manche performen dauerhaft in den selben Schuhen, aber immer wieder in anderer Kleidung. Der Legende nach soll Michael Stipe von R.E.M die Schuhe bei jedem Konzert getragen haben. Die Schuhe sind so abgenutzt und haben so viele Falten. Mehr Falten als die Stirn von Michael Stipe. Das hat mich immer fasziniert wie abgenutzt dieser Schuh war. Retrospektiv betrachtet, hätte ich damit nie aufhören dürfen. Ich hätte mit dem Fußball brechen müssen. Zumal ich ohnehin zur Zeit von „Dancing Shoes“ 2 Jahre Stadionverbot bekommen habe, als wir 2010 mit dem VfL Bochum gegen Hannover abgestiegen sind. 3 Tage vor TV Total hab ich mein Stadionverbot erhalten, ich glaub das war ein Zeichen. Ein Zeichen zu sagen „Komm scheiss auf Fußball und mach dein Popkultur-Ding“. 


NMAA:

Du hast nen Bierbecher geworfen, oder?


Gerrit:

Ja einen Weichplastik-Becher…einen LEEREN WEICHPLASTIK-BECHER! Irgendein Junge wollte sich mit seinem Vater noch Autogramme holen. Nach dem Abstieg. Ich hab gesagt:“Von den Versagern willst du doch wohl keine Autogramme!“. Der Vater hat sich dann allerdings über meine Äußerung sehr aufgeregt und wollte mich wegschubsen, ist dann jedoch selber hingefallen. Das sah für andere so aus als hätte ich den Vater umgeworfen. Dann saß ich in der Zelle in Bochum. Vor mir 2-3 Polizisten und ich musste alles ausleeren, Taschen, usw. Zusätzlich hatte ich an dem Tag meine goldenen Stiefel an. In der Hosentasche hatte ich: Handy, Schlüssel und zwei in gold verpackte Kondome. Goldene Schuhe, in gold verpackte Kondome…ich glaub das wirkte schon seltsam. Man musste dann ein Foto von mir machen. Ich war total begeistert, denn das wurde 2010 noch mit ner Polaroid gemacht. 

“Naja…die Schwalben konnte Andy Möller aber besser!“

Natürlich hab ich die Klappe nicht gehalten und ein bisschen damit gespielt und gefragt, ob meine Haare richtig liegen. Die haben mich mit Sicherheit für einen totalen Wi***er gehalten. Jedenfalls wurde ich in die Zelle gebracht, wo bereits zwei Bekannte von mir saßen. Die Polizisten haben mich leicht in die Zelle gestoßen und ich hab mich etwas theatralisch fallen lassen. Die Bullen: “Naja…die Schwalben konnte Andy Möller aber besser!“.


NMAA:

Du warst aber nochmal in Bochum im Knast.


Gerrit:

Davor schonmal. 2007 glaub ich, für eine Fotostrecke für Ballesterer. Das war in dem Jahr als Stuttgart Meister wurde. Da habe ich mich an einem Spieltag während des Spiels in den Knast gestellt, um Bilder zu machen. Mich hat immer schon fasziniert, dass direkt neben dem Ruhrstadion der Knast steht. Mein Lieblings-Pommestyp, Pommes-Horst, steht mit seinem Wagen direkt vor den Knast-Mauern. Ich hab mich immer gefragt „Wie ist das denn jetzt? Dürfen die während des Spiels auf den Hof? Riecht man die Pommes?“ 

“Mich hat immer schon fasziniert, dass direkt neben dem Ruhrstadion der Knast steht.“

Ich hab der Öffentlichkeitsstelle eine Mail geschrieben und die haben zugestimmt. Ich bekam eine Führung und durfte auf dem Hof fotografieren. Das war schon verrückt. Du hörst Grönemeyer, hörst die Gesänge. Ich hab mir eingebildet man könnte den Dunst vom Pommeswagen wahrnehmen. Direkt auf der Höhe des Flutlichtmast ist ein Gewächshaus, das ich fotografierte. Natürlich nicht, ohne die Aufmerksamkeit der Insassen auf mich zu ziehen… Das war schon ein etwas rauherer Ton. Daneben ist eine Werkstatt in der recht schwere Jungs, Kinderpuppen herstellen. Das ist schon reichlich bizarr. Die Fotostrecke hatte den Titel „Kein Hofgang um 15:30“. Die durften tatsächlich nicht raus. In meiner Fantasie hab ich mir allerdings vorgestellt, dass zum Spiel, alle auf den Hof dürfen.

...to be continued 

 

An dieser Stelle noch ein kleiner Veranstaltungstipp:

Wer mehr von Gerrit sehen möchte, hat am 18.05.23 ab 14uhr im Stadion am Schloss Strünkede, die Chance ihn und die Pottoriginale beim Spiel der Pottoriginale All Stars vs. Die deutsche NACKTionalmannschaft zu treffen! 

 


Sonntag, 16. April 2023

Nächstes Mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 15

Heute: EIK - Coco und Sophie

NMAA:

Wir sitzen im Redlight-District Amsterdam mit Coco und Sophie von EIK. Aber bevor ich lange weiterquatsche, erzählt selber was von euch.

 

Coco:

Wir sind EIK, Marc und Sophie. Zusammen veranstalten wir Partys im Kölner Raum - elektronische Musikveranstaltungen um genau zu sein - und mit EIK legen wir mittlerweile seit anderthalb Jahren, bzw. seit Corona, als DJ-Tandem auf.

 

Sophie:

Genau. Und ab heute sind wir international unterwegs, im John Doe in Amsterdam und freuen uns beim Interview dabei zu sein.

 

Coco:

Und sind sehr stolz, dass wir auf einem Punkrock-Fußball-Blog - der vielleicht im ersten Moment nicht passend zu uns aussieht - ein Interview geben dürfen.

 

NMAA:

Da kommen wir gleich noch drauf zu sprechen, aber als Allererstes: Wie wird man DJ? Wie kommt man zu dieser Nummer? Wie seid ihr zur Musik gekommen? Ich weiß von dir Coco, du hast auch Affinitäten für die Hardcore-Punk-Szene. Sophie hattest du vorher schon mal Berührungen mit Punkrock?

 

Coco:

Für viele Musikrichtungen um genau zu sein!

 

Sophie:

Ne. Mit Punkrock, Rock, Metal oder so hatte ich nie Kontakt. Bei mir fing es eher bei HipHop an. HipHop, Pop, Charts und sowas. Dann ging es mit Paul Kalkbrenner weiter und jetzt eben die Techno-Elektro Szene.

 

Coco:

Wobei ich sagen muss, es existieren Videos im Netz, wie du (Sophie) bei Rock am Ring auf dem Publikum zur Bühne getragen wirst. Das war doch bestimmt bei den Toten Hosen, da sind wir auch schon beim Thema Punkrock. 

 

Sophie:

Na gut, da war ich aber nur weil andere da waren (lacht) und es waren nicht die Toten Hosen, sondern Slipknot.

 

NMAA:

Und du Coco?

 

Coco:

Was Musik anbelangt bin ich ziemlich breit aufgestellt. Irgendwann Mitte der 80er Jahre hat es mal begonnen mit Madonna, den Toten Hosen, Die Ärzte. Später kamen dann Sachen wie Iron Maiden, Halloween, sowas in Richtung Heavy Metal dazu. 

Ende der 80er/Anfang der 90er verfestigte es sich hauptsächlich im Metal-Bereich, mit Metallica oder Anthrax. Etwas später kam mit Faith No More die erste Band, die auch einen Synthesizer einsetzte. Sisters of Mercy ebenso. Hier geriet ich zum ersten Mal richtig mit elektronischer Musik in Berührung und in den 90er Jahren hab natürlich auch VIVA und MTV geguckt, da liefen „Knaller“ von Blümchen etc. - ich war noch ein junger Mann - und hab die Videos geguckt.. Aber ernsthaft, Spaß beiseite... 

“...in den 90er Jahren hab natürlich auch VIVA und MTV geguckt, da liefen „Knaller“ von Blümchen etc. - ich war noch ein junger Mann - und hab die Videos geguckt…“

Durch The Prodigy verfiel ich mehr und mehr der elektronischen Musik und dann muss ich sagen hat einer der Ur-Väter des Technos Sven Väth in Ratingen - wo ich aufgewachsen bin - tatsächlich einmal im Jahr ein Festival veranstaltet, auf das ich natürlich auch ging. So näherte ich mich dem Techno. Ich höre nach wie vor immernoch gerne Metal, Punk und alten HipHop aus den USA. Da bin ich nicht festgefahren.

 

NMAA:

Und dann wird man plötzlich DJ bzw. Djane?

 

Sophie:

Ne es heißt nur DJ. Es heißt ja Discjockey, deshalb nur DJ.

 

Coco: Der Begriff Djane ist im weiblichen DJ-Bereich sogar sehr verpöhnt.

Ja, wie wird man DJ? Also bei uns beiden kam es während der Coronazeit durch Freunde. Wir haben vorher erste Schritte als Veranstalter gemacht und Partys im Kölner Raum gegeben. Als dann aber alles runtergefahren wurde, hingen wir noch mit 1-2 Freunden zusammen, soweit es denn erlaubt war und das waren meist DJs. 

“Ja, wie wird man DJ? Also bei uns beiden kam es während der Coronazeit durch Freunde.“

Da das Equipment ohnehin rum stand, haben wir uns auch mal dran gewagt. Einfach ein bisschen die Knöpfe drehen, die Regler hoch schieben. Irgendwann hatten wir es ein bisschen besser drauf, da kam plötzlich anständige Musik bei rum.

 

Sophie:

Und dann haben wir uns unseren ersten kleinen Controller gekauft und halt Zuhause geübt. Dann haben wir mal in Off-Locations aufgelegt, später bei unseren Partys aufgelegt und jetzt sind wir hier in Amsterdam.

NMAA: 

Bei euren Partys bei Römertanz?

 

Coco:

Genau, unsere Partyreihe heißt Römertanz. Es ist ein bisschen die Verbindung aus Köln; wo wir veranstalten und Trier; wo ich immernoch meinen Erstwohnsitz habe und wo Sophie geboren ist. Auf dem Trierer Markt haben wir aber noch nicht wirklich Fuß gefasst, es beschränkt sich schon eher auf Köln. 

“Ey Römertanz, das seid ihr Beide, ihr müsst jetzt hier auch mal auf einer fremden Veranstaltung auflegen“

Letztes Jahr im Sommer - also Sommer 2022 - haben wir auch tatsächlich dann schon auf einem Festival - dem Katzensprung in der Eifel - für eine Nacht mit Römertanz die Bühne gehostet und da haben alle gesagt „Ey Römertanz, das seid ihr Beide, ihr müsst jetzt hier auch mal auf einer fremden Veranstaltung auflegen“. So kam es dann zum ersten Mal dazu, dass wir vor mehr oder weniger fremdem Publikum aufgelegt haben. Es kam scheinbar gut an und wir sind bei der Sache dabei geblieben.

 

NMAA: 

In welchen Clubs in Köln legt ihr überwiegend auf und wie kommt man da ran? Ich kenne es so aus der Punkszene, dass man immer wieder anfragen muss, ob die Veranstalter:innen Bock auf die Band haben, oder man eine Supportband sucht. Durch meine Musik, die ich selber mache, hab ich die Erfahrung gemacht, dass es immer etwas schwierig ist. Klar, Techno geht in Deutschland mittlerweile wieder ganz gut, hab ich den Eindruck. Wie kommen die Kontakte zustande? Ist es einfach so - ich lern hier und da diverse Leute kennen und habe dann die Kontakte, oder fragt man aktiv an?

 

Sophie:

Ich glaube bisher kamen wir immer durch Freunde an Kontakte, die gefragt haben, ob wir unsere Party dort schmeißen können. Also „Vitamin B“.

 

Coco:

Es ist auch ein Vorteil wenn man Veranstalter und DJ ist. Man lernt natürlich eine Menge anderer DJs und anderer Leute kennen und kann sich so ein kleines Netzwerk aufbauen. Tatsächlich ist es so, z.B. heute in Amsterdam haben wir nicht angefragt und unsere Sets hingeschickt, sondern es kam über Vitamin B. Heute Abend läuft die Partyreihe „Connected“, da sind Jungs aus Wuppertal dabei, die wir kennen. Die Mainacts sind aus Berlin und auch Freunde, die durch uns mit dabei sind und so kamen wir an den Auftritt.

 

NMAA:

Sven Väth in Ratingen. Das hat mich jetzt gerade irgendwie gecatcht muss ich sagen, den kenn selbst ich und ich hab mit der Techno-Szene überhaupt gar nix zu tun. 

 

Coco:

Ja es war tatsächlich so. Also es gibt den Blauen See in Ratingen und in den 90er Jahren war einmal im Jahr ein Festival, wo Sven Väth Mitorganisator war und natürlich der Haupt-DJ. Das Ganze ging bis zu der Tragödie auf der Love-Parade in Duisburg, danach gab es Auflagen, die nicht mehr erfüllt werden konnten. Das war für uns in Ratingen damals ne riesen Sache. 

“Das war für uns in Ratingen damals ne riesen Sache.“

Ich mein, was hab ich sonst in Ratingen gemacht? Ich hab Fußball gespielt mit meinen Fußball-Jungs, es gab das „Remix“ - die Diskothek wo wir ständig landeten - da konntest du von Depeche Mode über Madonna, bis zu Nirvana alles hören. Wie die Partys damals eben so waren. Und dieses eine Mal im Jahr zu Sven Väth, das war ein Highlight. So kam es, dass ich Kontakt zu Techno-Partys bekam.

“es gab das „Remix“ - die Diskothek wo wir ständig landeten“

In Düsseldorf selber begann es eher im neuen Jahrtausend, dass ich anfing mit meinem Bruder elektronische Partys zu besuchen.

 

NMAA:

Sophie, du hast selber auch Fußball gespielt?

 

Sophie:

Was soll ich sagen? Ich kam an den Fußball durch meinen Bruder. Wir haben damals immer im Garten gezockt und ich hab natürlich immer gewonnen. Mit 9 bin ich dann zur Jungsmannschaft in der E-Jugend beim „SV Trier Irsch“ gekommen. Da hab ich lange mit den Jungs zusammen gespielt. 

“Mit 9 bin ich dann zur Jungsmannschaft in der E-Jugend beim „SV Trier Irsch“ gekommen.“

Bis zur C-Jugend, da gabs dann auch eine Mädelsmannschaft. Dort hab ich gespielt bis ich 16 war. Später bin ich gewechselt in einen Verein der quasi daneben war. Die Vereine haben sich damals auch einen Sportplatz geteilt, aber mein neuer Verein hatte eine Frauenmannschaft im Seniorinnen-Bereich. Dort hab ich anderthalb Jahre gespielt, bis ich einen Kreuzbandriss hatte. Und das war leider das Ende meiner Fußballkarriere.

 

NMAA:

Bist du noch Fußballfan, also Anhängerin irgendeiner Mannschaft?

 

Sophie:

Ne, gar nicht. Also ich guck eigentlich gar keinen Fußball.


Coco:

Wobei man dazu sagen muss, Sophie war einmal bei einem Fortunaspiel mit auf Schalke. Ein 3:3. Wo Schalke mal in Führung ging und Rouwen Hennings immer wieder ausglich. Da sagtest du, dass es dir gefallen hat.

 

Sophie:

Klar, wenn viele Tore fallen, dann guck ich mir das auch gerne an. Aber ich bin jetzt nicht so „Ich will bei 0°C ins Stadion gehen“.

 

NMAA:

Also dein Hauptaugenmerk liegt eher auf der Musik könnte man sagen?


Sophie:

Ja. Also ich würde super gern nochmal Fußball spielen, aber ich kanns halt nicht mehr mit dem kaputten Knie. Wenn ich irgendwo einen Ball sehe, dann ist der auf jeden Fall auch an meinem Fuß.

 “Wenn ich irgendwo einen Ball sehe, dann ist der auf jeden Fall auch an meinem Fuß.“

Kleiner Hinweis dazu vielleicht: Das war nicht nur „ein Kreuzbandriss“ - aus diesem einen Kreuzbandriss folgten dann 8 Operationen im Knie, jetzt Arthrose usw. Also da geht leider kein Fußball mehr.

 

NMAA:

Coco du hast auch Fußball gespielt?

 

Coco:

Ich hab Fußball gespielt ja. Auch ein bisschen länger. Ich musste mit Anfang 30 dann wegen eines Knorpelschadens im Sprunggelenk aufhören. Hauptsächlich hab ich bei Rot-Weiß Lintorf gespielt. Angefangen hab ich aber beim TUS Homberg, auch in Ratingen. Es kam dann irgendwann eine Saison beim PSV Borussia Düsseldorf dazu, wobei ich da schon mein Sprunggelenk so lädiert hatte, dass ich nie länger als 1-2 Wochen am Stück Fußball spielen konnte. Und ich bin seit Ende der 80er Jahre glühender Anhänger der Fortuna aus Düsseldorf, da ist auch die Verbindung zu Niko entstanden. Ich glaube 2005/2006 sind wir uns über den Weg gelaufen, haben uns dann aneinander geklebt und das sind jetzt bald schon fast 20 Jahre. Über 15 Jahre definitiv. Ich glaub ich war immer der etwas erwachsenere Bruder für Niko in seiner wilden Zeit.

 

NMAA:

Heute ist das vielleicht manchmal anders rum. Aber da gehen wir hier nicht weiter drauf ein. 

 

Coco:

Und als zweite Verbindung, muss man auch mal ehrlich sagen, wir legen ja heute im John Doe auf. 

“Also Techno und Punk liegen nicht so weit entfernt wie man manchmal glaubt.“

Wenn ihr mal John Doe googelt, das ist auch ein Musiker aus den USA und Gründer von 2 Punkbands. Also Techno und Punk liegen nicht so weit entfernt wie man manchmal glaubt.

 

NMAA:

Sophie, eine kleine Anekdote aus deinem Fußball-Dasein würden wir gerne hören!

 

Sophie:

Ich kann erzählen wie ich mir meinen Kreuzbandriss zugezogen habe. Es war auf jeden Fall nicht bei einem krassen Zweikampf, in einem ganz wichtigen Sonntagsspiel, sondern auf der Mannschaftsfahrt, total betrunken auf dem Soccerfeld. 

“Ich kann erzählen wie ich mir meinen Kreuzbandriss zugezogen habe. Es war auf jeden Fall nicht bei einem krassen Zweikampf“

Eigentlich müsste jeder kluge Fußballer wissen, dass man bei einem Pressball durchzieht und nicht das Bein zurückzieht. Tja, das war bei mir in meinem betrunkenen Dasein genau andersrum und ich hab natürlich locker gelassen, dann hat´s einmal gekracht und das war’s dann. Ende meiner Karriere.

 

NMAA:

Was mir gerade noch einfällt, als wir uns das letzte Mal getroffen hatten, hattest du noch einen FC-Köln Schlüsselanhänger dabei, der war dann nicht von dir?

 

Sophie:

Ah nein, der war von der Wohnung wo ich zu der Zeit Katzensitting gemacht habe, da war die ganze Bude voll mit 1.FC Köln.

 

Coco:

Das waren meine bittersten 3 Monate, da immer wieder schlafen zu müssen - mit Hennes überm Bett und solchen Scherzen. Das war schon wirklich sehr grenzwertig.

 

NMAA:

Und Coco deine Fußball-Anekdote?  

 

Coco:

Ja gut…am liebsten erzähle ich ja immer wie wir beide (Niko&Coco) Halbstarken - ich glaube es war der Hauptbahnhof in Hannover - auf die Idee kamen „Ey guck mal gegenüber, das sind doch die Wolfsburger“ und wir beide zu zweit begonnen haben da drauf zu stürmen und an die Fenster des anderen Zuges zu hämmern. 

“Guck dir die beiden Vollpfosten an“

Tatsächlich muss man sagen, die Anhängerschaft vom VFL Wolfsburg war davon scheinbar „sehr eingeschüchtert“ von uns beiden kleinen Männekes. Auf jeden Fall ist keiner rausgekommen. Oder die waren alle noch nüchtern und dachten sich bestimmt „Guck dir die beiden Vollpfosten an“, das kann natürlich auch sein.

 

NMAA:

Ich glaube Zweiteres!


Coco:

Ansonsten hab ich natürlich alles so miterlebt was man von Ende der 80er bis Anfang der 90er bei Fortuna miterleben konnte, wenn man im Sonderzug saß. Man könnte daraus glaub ich wirklich so Guy Ritchie Kleinganovenfilme machen und sicher auch Komödien. Da lief schon wirklich komisches Volk rum. Und dann kam ja irgendwann der Switch zur Ultras-Zeit, das waren die meisten Leute jünger als ich und hat den Fußball schon ziemlich verändert. Oder zumindest das drumherum. 

“Man könnte daraus glaub ich wirklich so Guy Ritchie Kleinganovenfilme machen und sicher auch Komödien.“

Als Fußballer selber, ich hab Kreisliga B, C und D gespielt, meine größten Erfolge war ein Aufstieg von der Kreisliga D in die C und ich glaube mehrmals bin ich auch Torschützenkönig auf ein paar Fortuna Fanklub-Turnieren geworden.

 

Sophie:

Da hab ich ja sogar höher gespielt.

 

Coco:

Richtig, du hast höher gespielt und warst wahrscheinlich auch talentierter als ich.

 

NMAA:

In welcher Liga hast du gespielt Sophie?

 

Sophie:

Bezirksliga!

 

Coco:

Jedenfalls müsste ich beim Arbeitskreis Fortuna Fans - dem AK - wahrscheinlich noch irgendwo, in irgendwelchen dokumentierten Archiven, mit mehrfachen Turniersiegen und Torschützenkönigpokalen zu finden sein. Das ist meine Fußballzeit. Ansonsten hab ich relativ viel bei Fußballspielen erlebt. Ich war in Brasilien als Deutschland Weltmeister geworden ist oder auch bei einer Europameisterschaft wo ich die Spiele alle mitgemacht habe. Brasilien war toll, zwei Jahre später Frankreich war furchtbar. In Brasilien hatte man natürlich nicht diese Menschen um einen herum, die ihr Vaterland zu sehr lieben. In Frankreich war es leider der Fall und sowas verpacke ich irgendwie immer schlecht, wenn ich so einen Scheiß hören muss.

 

NMAA:

Damals die Zeit als wir aktiv in der Fanszene waren - ich mein jetzt sind wir weit weg davon und machen lieber Musik - fand ich eigentlich immer ganz schön. Egal mit welchen Teams man sich auseinandergesetzt hat, uns einte noch was. Zum einen, dieser ganze übertrieben krasse Hass, der existierte überhaupt nicht. Also man konnte durchaus auch, egal wo man war, mit Gladbachern, Kölnern wem auch immer, zusammenstehen und trinken und dies war auch noch in Ordnung.

 

Coco:

Naja bei den beiden Vereinen die du da nennst, war das vielleicht nicht der Fall. 

 

NMAA:

Heute finde ich, dass das zum einen sehr sehr problematisch geworden ist. Viel ist heute auch dieses „weiße junge Männer profilieren sich über irgendwas“. Du hast es gerade angesprochen, in Frankreich gab es faschistoide Strömungen, die die Spiele besuchten. Wie siehst du denn die Entwicklung der letzten 2 Dekaden? Von der Zeit als Ultra, zu heute wo du - genauso wie wir - sehr viel Abstand von der ganzen Sache hast.

 

Coco:

Also für mich kam die erste große Wende, wo irgendwelche Jungs, mit mehr Bizeps als Gehirn, plötzlich die großen Götter in der Fanszene waren. Dann kam Ende der 90er Jahre der erste Bruch, dass das ganze über die Ultra-Szenen organisierter vonstatten ging, dass schöne Choreografien gemacht worden sind. Zu der Zeit wurde es auch politischer. In unserem Verein gab es einen totalen Switch was das anbelangt. Also ich würde sagen, als ich angefangen hab zu Fortuna zu gehen, war ein kleiner kleiner politischer Kern im Block 36, des alten Rheinstadions vorhanden. 

“Was ich dann erlebt habe, ist ja dieser Wunsch nach Entpolitisierung, den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, denn das ganze Leben ist politisch.“

Der war allerdings politisch völlig konträr zu dem was UD (Ultras Düsseldorf) zu deiner Zeit Niko, war.  Was ich dann erlebt habe, ist ja dieser Wunsch nach Entpolitisierung, den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, denn das ganze Leben ist politisch. Als das anfing, dass dann bei internen Scharmützeln in der Düsseldorfer Szene, die junge Generation sagte “Wir wollen damit nichts mehr zu tun haben, wir wollen uns neutral stellen“. Das war für mich so ein Ding wo ich dachte „Hier gehöre ich nicht mehr hin.“ Ich bin ein Mensch der seine Meinung sagt, der zu seiner Meinung steht und so Aussagen wie „Ich möchte neutral bleiben“ nicht nachvollziehen kann.

“Corona war dann der Todesstoß.“

Die Hyperkommerzialisierung des Sports, ist so ein zweites Ding das man ansprechen könnte, was auch absolut nicht Meins ist und mich dazu gebracht hat dem Fußball immer mehr den Rücken zu kehren. Corona war dann der Todesstoß. Ich war seit der Wiedereröffnung der Stadien tatsächlich nur bei einem Spiel live vor Ort, ansonsten gar nicht mehr.

 

NMAA:

Du hast es schon angesprochen Coco. Die Kommerzialisierung des Sports, ist so weit vorangeschritten. Unsere Frage wäre an euch:

Perspektive - Wie, glaubt ihr, sehen die nächsten Jahre des Fußballs aus.

 

Sophie:

Also nicht so, dass ich es eher gucken würde.

 

Coco:

Ich glaube es ist schwierig. Wir haben mit der Weltmeisterschaft in Katar etwas gesehen, wo man sagen musste: Wenn ich meine Meinung über die Kommerzialisierung des Fußballs kundtue, dass das mich vom Fußball wegbringt, stehe ich mit Sicherheit nicht alleine dar. Aber wenn man sieht wie die Welt trotzdem diese Weltmeisterschaft gefeiert hat, auch außerhalb Mitteleuropas. Da muss man sagen, diese Show die da gemacht wird, da wird meines Erachtens immer weniger der Fußball in den Mittelpunkt gestellt, sondern ein ganzes Drumherum geschaffen, mit Marketingstrategien wie „die Mannschaft“, permanente G.O.A.T Diskussionen (Anm.d.Red.Greatest Of All Time), das Heroisieren von Fußballern wie Messi und Ronaldo. 

“ich glaube, weltweit betrachtet, wirst du das nicht als Schaden für den Fußball sehen.“

Die meisten Menschen scheinen das zu mögen, diese Show zu mögen. Ich weiß überhaupt gar nicht was das soll. Da muss ich einfach sagen, meins ist es nicht. Aber ich glaube, weltweit betrachtet, wirst du das nicht als Schaden für den Fußball sehen. Was mir allerdings auffällt, dass der Altersdurchschnitt in deutschen Stadien, mittlerweile sehr sehr hoch ist. Mir scheint, in Deutschland, die junge Generation nicht mehr so Fußball-Affin zu sein, wie das noch in meiner Zeit in den 80ern/90ern der Fall war.

 

Sophie:

Die jungen Menschen hängen jetzt auf den Technopartys ab.

 

Coco:

Auch da findet zur Zeit ein totaler Generationsbruch statt.

Viel mehr hin zur Show, zur Selbstdarstellung. Ich verstehe nicht, wie man auf Technopartys Selfies auf der Tanzfläche machen kann. Solche Technopartys waren eigentlich immer Partys, wo nichts nach außen dringen sollte - aus Gründen!

 

NMAA:

Eure beiden Musiktipps? Sowohl in der Punk- als auch in der Technoszene.

 

Sophie:

Job Jobse oder KI/KI, der Stil von denen. Die sind Trance-mäßig unterwegs, nicht so hart technoid, aber viel mit 90er Liedern und bouncy Beats.

 

Coco:

Also für die Kenner der Musik hört man warum wir in Amsterdam sind. Wir stehen schon sehr auf die niederländischen Protagonisten, Joris Voorn, Eike Klein, Job Jobse, KI/KI. Im Bereich Punk muss ich sagen, dass ich da die neueren Entwicklungen nicht so mitbekommen habe. Ich höre tatsächlich immernoch eher Bad Religion, Faith No More. Faith No More ist jetzt nicht wirklich Punk, aber im Rock-Bereich. Subversive Brats! Die sind ganz gut.

 

NMAA:

Die gibt es aber nicht mehr.

 

Coco:

Ach Shit. Dann eben dein nächstes Projekt! ;).

 

NMAA:

Das Ende des Interviews gehört euch. Haut raus was die Welt wissen muss!


Coco:

Als letztes möchte ich erwähnen wie schön dieses Format darstellt was sich verbinden kann. Punk und Techno auf den ersten Blick völlig konträr. Dabei erschaffen beide Stile Subkultur. Bunte Haare. Ein Dasein außerhalb der Norm. Der kleinste gemeinsame Nenner ist trotzdem Fußball.

Und auch wenn ich im Teaser mich gegen die Behauptung aus Köln zu sein gewehrt habe, so habe ich mein Herz für Köln entdecken können, was das Nachtleben betrifft und ich lebe zu 1/3 meiner Zeit in Köln…ich hab die Stadt in mein Herz geschlossen. Abgesehen vom Fußball - da spielt 40km weiter der klar bessere Verein!


Sophie:

Man sollte vielleicht noch betonen, dass Marc und ich zwar musikalisch in anderen Bereichen spielen, aber mit Athrose im Knie und knorpelschaden im Sprunggelenk wohl doch das am besten geeignetste Paar aus der Musikbranche für NMAA sind 😉.

@NMAA: Wie fandet ihr eigentlich unseren Auftritt?



Anm.d.Red.:

Eigentlich kommt nach Ende des Interviews nix mehr von uns. Die Frage zum Auftritt(die eigentlich ein Seitenhieb war) von Sophie nehmen wir allerdings mit. Und das kam so: 

EIK hatte uns im Vorfeld zu ihrer Abendveranstaltung eingeladen. Tickets usw. inklusive. Da wir das Interview allerdings Nachmittags führen mussten, trafen wir uns um 13h mit den beiden Süßis in einem Pub im Herzen von Amsterdam. Und tranken…und interviewten…und tranken…und tranken. Der geplante Powernap um 20h (aufgrund von ausuferndem Alkoholkonsum) endete um 2h morgen - völlig verkatert - völlig verklatscht. Wir versprechen hier vor allen Leser:innen dem DJ Team EIK, dass noch in diesem Jahr ein Gig besucht wird und zwar so lange bis der Laden leer getanzt ist!

Samstag, 25. Februar 2023

Nächstes Mal auf Asche - Auf den Zahn gefühlt - Episode 14

Heute: Sandra Drljača


Ein wenig still ist es um unsere Rubrik „Auf den Zahn gefühlt“ geworden.
Umso erfreulicher, dass wir nach zwei Monaten endlich wieder ein Interview fertig haben(weitere Kracher folgen!).
Hardcore-Punk, Fußball, Kunst.
Sandra ist die wandelnde Subkultur und gewährt uns heute einen unheimlich spannenden Einblick in ihr Leben zwischen Fankurve, Reisen und Konzertbesuchen. 
Aber wir möchten gar nicht zu viel verraten und wünschen euch viel Spaß mit unserem zweiten Interview 2023!

NMAA:

Erst mal vielen Dank, dass du dich dazu bereit erklärst, heute das Interview zu führen.

Wir sitzen gerade bei TUSA im Vereinsheim und du selbst hast ebenfalls vor ein paar Jahren für TUSA gespielt. Wie fühlt es sich an, heute bei klirrender Kälte, neben dem Platz an alter Wirkungsstätte zu stehen?


Sandra:

Ich hasse es! Also Winter…nee. Zum Glück wurden wir durch Mo mit Tee versorgt, sonst wären wir vermutlich alle erfroren. Fußball lieber von März bis Oktober.


NMAA:

Also Mo hat dich gerettet. 

Wie lange warst du bei TUSA bzw. wie lange warst du im Damenfußball aktiv?


Sandra:

Bei TUSA ein Jahr und vorher auch ca.ein Jahr beim SC Unterbach. Dann bin ich auf Kampfsport umgestiegen. Ich war und bin, eigentlich immer sportlich irgendwie aktiv. Aber Kampfsport war dann doch eher mein Ding. 12 Jahre Judo und 16 Jahre Taekwondo.


NMAA:

Du hast aber noch andere Hobbys. Unter anderem das Fotografieren zählt dazu. Hierüber haben wir uns auch vor vielen Jahren kennengelernt, als du Fotos für die und von der Düsseldorfer Fankurve, geschossen hast. Zusätzlich präsentierst du häufig sehr puristische Bilder aus Alltagssituationen…


Sandra:

Eine Fankurve ist unheimlich energiegeladen. Die Menschen lassen ihren Emotionen freien Lauf. Das auf Bildern festzuhalten, den Moment der Konzentration oder des Mitfieberns. Da steckt so viel Energie drin. Ein Torjubel zum Beispiel, der setzt alles frei. Sowas fesselt mich einfach. Ähnlich verhält es sich beispielsweise bei Hardcore-Punk Konzerten. Da steckt so unglaublich viel Kraft im gesamten Konzertsaal. Menschen schütteln ihren Alltag regelrecht von sich.

"Ein Torjubel zum Beispiel, der setzt alles frei. Sowas fesselt mich einfach."

Die Alltagsfotos, die auch bei Instagram zu finden sind, sind ein visuelles Tagebuch. Ich kann nicht immer mit Worten ausdrücken, was mir bei der Betrachtung von Szenerien durch den Kopf geht. Ein Bild kann beschreiben was ich denke. Beschreibt die Eindrücke, die ich habe. Mein Kopf funktioniert minimalistisch, bilde ich mir ein und so werden dann auch die Bilder. Ohne viel Drumherum. Direkt und klar. So versuche ich mich zu sehen und so spiegelt es sich in den Bildern.

„Ein Bild kann beschreiben was ich denke. Beschreibt die Eindrücke, die ich habe.“

Ich hatte in der Oberstufe das Fotografieren in Kunst. Mir war sofort klar: Das will ich machen. Das inspiriert mich! Leider kann man davon selten leben, also bin ich gezwungen einer herkömmlichen Arbeit nachzugehen.


NMAA:

Bist du durch die Liebe zum Fußball oder durch die Liebe zur Musik, zum Fotografieren gekommen?


Sandra:

Ich hab begonnen bei Konzerten. Überwiegend HC Konzerten, Fotos zu schießen und dann ging es weiter zum Fußball.


NMAA:

Du hast den Bogen zum Punk schon selber geschlagen. Wie wurdest du hier sozialisiert? Gerade der Anschluss in die Punkszene entsteht ja meist durch einen äußeren Trigger.


Sandra:

Ich war immer irgendwie Außenseiterin. Irgendwie wollte ich auch zum „normalen“ nicht dazu gehören. Oberflächlicher Mist war nicht meins. Saufen war nicht meins. Drogen auch nicht. Die Klamotten, die alle früher trugen ebenfalls nicht. 

„Ich trug weite Pullover. Eine Baggy. Das passte im Alltag nicht ins Bild von einem Mädchen. In der Szene, in der ich mich dann bewegte war das aber überhaupt nicht wichtig.“

Das macht es nicht einfach als junger Mensch dazugehören zu können. In der Punk oder Hardcore-Punk Szene war das egal. Ich gehörte dazu. Ich trug weite Pullover. Eine Baggy. Das passte im Alltag nicht ins Bild von einem Mädchen. In der Szene, in der ich mich dann bewegte war das aber überhaupt nicht wichtig. Uns einte die Musik und nicht das Aussehen. Natürlich hab ich darin auch sozusagen ein „Label“ für mich gefunden. Aber am wichtigsten war mir: Ich gehörte dazu!

Mir sagte schon immer eher die rauhe Musik zu. Vom Sound her natürlich. Inhaltlich transportiert der Hardcore, den ich höre, viel sozialkritisches. Außerdem waren die Musik und die Konzerte ein gutes Ventil. Man konnte und kann unheimlich viel „raus lassen“.


NMAA:

Ich finde total super was du sagst. Dieses dazu gehören. Das ist ja das wofür Hardcore oder die Szene steht oder stehen sollte. „If the Kids are united!“ quasi.


Sandra:

Dieses 08/15 Zeit verbringen. Das war auch einfach nie meins. Ich hab mich durch die Szene gefunden. Eine gute Zeit gehabt. Da war ein „wir“ Gefühl. Ganz gleich ob du in Belgien, Niederlande, Deutschland oder sonstwo warst. Die Menschen gehörten zusammen. Das hab ich gefühlt!


NMAA:

Ich hab gerade in den Beneluxstaaten, Hardcore als deutlich rauher empfunden. Auf den Konzerten wo ich war wurde deutlich heftiger „getanzt“ und es kam zu einigen Blessuren.


Sandra:

Da muss ich dir Widersprechen. Ich hab das nie so empfunden. Ich hab mich wirklich immer sicher und gut bei allen Konzerten gefühlt. Das hab ich auch nie so wahrgenommen. Klar ging es da im Pit ordentlich zur Sache, aber das ist ja eben nunmal auch die Musik die sowas bedingt. Unwohl habe ich mich wirklich nie gefühlt.


NMAA:

Kannst du sagen, welches die beste Show war, die du jemals gesehen hast?


Sandra:

So ziemlich jede H2O Show war großartig. Ich kann mich nicht an ein schlechtes Konzert erinnern. Vorallem die um '99/2000. Da war so viel positive Energie drin! Leider hab ich Gorilla Biscuits bisher immer verpasst, dafür hab ich das Sideprojekt CIV gesehen. Das war auch der Knaller. Bane würde ich noch nennen, die waren auch immer bombastisch! Und - das gehört nicht zum Hardcore - Bad Religion. Eine meiner Lieblingsbands!


NMAA:

Wo wir gerade beim Hardcore sind. Du warst des öfteren bereits in den Staaten. Deswegen meine Frage:

New York, Boston oder Orange County?


Sandra:

New York! Allein wegen Gorilla Biscuits. 

Und ich könnte kotzen, dass ich sie nie live gesehen habe. Das ist einer meiner großen Wünsche: Gorilla Biscuits nochmal live sehen!


NMAA:

Gorilla Biscuits als Straight-Edge Band.

Wir haben heute Abend schon 2-3 Bierchen getrunken. War Straight Edge für dich nie eine Option?


Sandra:

Das hab ich 11 Jahre lang auch so gelebt! Ich hatte einfach keinen Bock diesen „Saufweg“ zu gehen. Mein Beweggrund war damals auch dieses „Ich brauche keinen Alkohol oder Drogen um Spaß zu haben“. Das Ganze brachte auch ein gewisses „über den Dingen stehen“ mit sich. Ich hab zu diesem Zeitpunkt auf andere regelrecht herab gesehen. 

Dazu muss ich aber nochmal sagen, dass ich Einzelgängerin war und mir so Selbstbewusstsein geschenkt habe. Eben durch den Verzicht.

“Sei dir den Konsequenzen durch deinen Konsum bewusst.“

Aufgehört hab ich mit Mitte/Ende 20, nach der Trennung von meinem damaligen Freund. Ich wollte etwas ändern. Wollte damit vielleicht einen Abschluss zu der Beziehung finden. Das hat aber schnell wieder aufgehört, da ich einen Kater haben, wirklich ätzend finde. Ich würde auch heute nicht konkret sagen können: „Ich war straight Edge, mach das bloß nicht!“ oder „Ich war straight edge, mach das definitiv!“.

Das einzige was ich sagen kann ist: Sei dir den Konsequenzen durch deinen Konsum bewusst. Egal ob Alkohol oder andere Drogen. Das macht etwas mit dir und das ist nicht immer positiv! Überhaupt dieses verteufeln von allem anderen Kram, während Alkoholkonsum scheinbar das normalste der Welt ist, erschließt sich mir nicht so richtig…“


NMAA:

Teilweise vertritt Hardcore schon „fundamentalistische“ Ansichten. Damit will ich nicht sagen, dass sich selbst treu bleiben oder auf exzessives Leben verzichten, per se etwas schlechtes ist. Bei dir trifft allerdings linker Freigeist, auf klare Formulierungen wie man zu leben hat.


Sandra:

Einer der Gründe wieso ich aus der Szene weg bin. Wie ich - als „Freak“ - war man da erstmal gut aufgehoben. Aber es stimmt schon…gerade in der Szene bist du auf wirklich seltsames Publikum getroffen. Weiße, frauenfeindliche CIS Männer…wir reden hier natürlich von Ende der 90er. Homophobie war auch immer ein Thema. Vieles war „schwul“. Mit diskriminierenden Schimpfwörtern warf man da um sich. Antifaschismus wurde häufig belächelt und als schwach interpretiert. Wirklich…auch in der HC Szene trifft man genug Bauern.

Linker Freigeist…naja das was ich im Fußball-Kosmos erlebe, da kleidet man sich lieber mit den Worten. Ob das immer so umgesetzt wird…versteh‘ mich nicht falsch. 

“Homophobie war auch immer ein Thema. Vieles war „schwul“. Mit diskriminierenden Schimpfwörtern warf man da um sich.“

Es gibt durchaus Menschen die an einer Veränderung arbeiten und vielleicht wird das ja auch nochmal was. Ansonsten bevorzuge ich natürlich, persönlich immer den inneren linken Freigeist und nicht irgendwas reaktionäres. 


NMAA:

Deine Familie kommt aus Serbien. Wie steht es da um die Punkszene? 


Sandra:

Die gibt es dort. Ich habe aber wirklich gar keinen Überblick was das betrifft. Mir haben aber genug Leute berichtet, dass da getourt wird und es nicht nur große Bands sind, die auftreten. Allerdings war ich das letzte Mal 1990 da, dann brach der Krieg aus und wir konnten nicht mehr nach Serbien. Als ich 2007 also 17 Jahre später nach Belgrad kam, hatte ich mich schon weitestgehend von der HC-Szene gelöst. Ich weiß, dass ich mal bei Bane in Münster war. Der Sänger der Vorband kam aus Belgrad, mit ihm hab ich mich recht lange unterhalten. Also scheint da schon was zu existieren. 


NMAA:

Belgrad ist nicht zuletzt auch sehr bekannt für Fußball. Du selbst fährst heute zu Fortuna Düsseldorf. Wie schaut es mit deiner Liebe zum serbischen Fußball aus?


Sandra:

Wenn, dann Roter Stern Belgrad. Fanszene und Serbien halte ich allerdings für recht schwierig. Mir ist bis heute nicht zu Ohren gekommen, dass es eine alternative Fanszene gibt. Die Politik um den Verein ist nicht meins, die Fanszene ist nicht meins. Man muss bedenken, dass Söldnertruppen aus den Fankurven rekrutiert wurden und diese dann auch in den Krieg gezogen sind. Die Hools sind meiner Meinung nach, bei Belgrad bis heute ein langer Arm der Regierung. 

“Man muss bedenken, dass Söldnertruppen aus den Fankurven rekrutiert wurden und diese dann auch in den Krieg gezogen sind“

Im November war ich in Belgrad und der sich dort ausbreitende Nationalismus ist wirklich beängstigend! Das kumuliert alles dort im Fußball. Mein Hang zu Roter Stern ist eher einer Kindheits-Nostalgie geschuldet. Mein Vater wollte mir in den 90ern eine Freude machen und hat mir einen Schlüsselanhänger mitgebracht…auf diesem war der Totenkopf der Deutschen SS abgebildet. Die Freude war also meinerseits schnell verflogen. Deswegen würde ich mich auch nie als Fan bezeichnen. Das was die Fans da repräsentieren, steht gegen alles was ich persönlich repräsentiere! Dennoch. Ich komme nunmal aus diesem Land und wenn es ein Verein ist, dann Roter Stern Belgrad. Der Heimat wegen, niemals wegen der Fanszene.


NMAA:

Und wie kam es zu deiner Verbundenheit zu Fortuna Düsseldorf?


Sandra:

Ich bin über Freunde zur Fortuna gekommen. Mein Vater hat schlechte Erfahrungen in Belgrad bei Stadionbesuchen gemacht. Seiner Ansicht nach schlugen sich in allen Stadien überall die Menschen die Köpfe ein…was ja vor Jahrzehnten auch häufiger zutreffend war. „Die schlagen sich da mit Fahrradketten“, sagte er mir damals. Also wollte er nicht ins Stadion. Angefangen hat das alles als Kind. Da hab ich Panini-Alben gesammelt wie verrückt. Irgendwann fragte mich mein Vater, welcher mein Lieblingsverein ist und ich antwortete „Bayern München…da kenne ich alle Spieler“. Mein Vater entgegnete mir damit, dass Düsseldorf auch einen Verein hat. Fortuna Düsseldorf. Ich war 9 Jahre alt und total fasziniert von dem tollen Namen „Fortuna“. Ab da war Bayern München abgeschrieben. Zeitsprung: Wir haben 1998 und ein Freund will ins Stadion und ich begleitete ihn. DFB Pokal gegen 1860 München. Das war mein erstes Spiel. Ab da bin ich unregelmäßig zum Fußball gegangen. 

“Ich war 9 Jahre alt und total fasziniert von dem tollen Namen „Fortuna“…“

So richtig erst wieder nach dem Aufstieg in die Regionalliga. Auch durch die gleichen Freunde. Beruhigend war: Es war genauso schlecht wie früher. Fortuna spielt gegen Leverkusen II und kassiert in der 83.Minute den Gegentreffer. 5000 Leute in diesem riesen Stadion. Das war trist und ernüchternd…ich fand es stark und bin ab da hängen geblieben.


NMAA:

Wie hast du dann zur aktiven Fanszene gefunden?


Sandra:

Ich bin eben immer mehr gefahren und war fasziniert von der aktiven Fanszene. Das hat sich einfach nach und nach ergeben und zu meinen Bildern von HC -Shows hab ich dann begonnen Fußball-Fotos zu schießen. Die ersten Bilder von mir, wurden 2010 zum Duisburg Spiel benutzt. Zusätzlich hatten Freunde von mir die „Metalheads“ gegründet. Man rutschte damals eben so rein. Das war nicht mit einem riesigen Aufnahmeritual verbunden.


NMAA:

Bist du heute noch innerhalb der Fanszene aktiv?


Sandra:

Aktiv nicht mehr. Ich gehöre keiner Gruppe mehr an. Fotos sporadisch? Ja! Regelmäßig Heimspiele besuchen? Ja! Auswärts nehme ich mir mittlerweile raus, dahin zu fahren wo ich hin will. Um ehrlich zu sein, lege ich gerade meine Aktivitäten ad acta und ich glaube auch nicht, dass ich nochmal zu alter Form zurück finden werde. Mir gefallen an diesem „aktiven Fan-Dasein“ auch Dinge nicht, Sachen, die ich aus meinem persönlichen Standpunkt, nicht mehr vertreten möchte. Fortuna ist und bleibt mein Lieblingsverein. So sehr dieses Fanszene über wunderschöne Seiten verfügt, so sehr verfügt sie ebenfalls über ziemliche Schattenseiten. 

“Mir gefallen an diesem „aktiven Fan-Dasein“ auch Dinge nicht. Sachen, die ich aus meinem persönlichen Standpunkt nicht mehr vertreten möchte.“

Mit etwas Abstand dazu, erkennt man das dann erst nach dem Rückzug. Dieses ganze Szene-Ding ist ja wirklich eine eigene Welt und ich möchte mir nicht zu meiner Lohnarbeit - die mich ohnehin schon genug Kraft kostet - meine letzten Reserven durch derartige Verpflichtungen rauben lassen.


NMAA:

WM in Katar, Kommerz, Millionen - Fußball weit entfernt von jeder Basis! Wie denkst du darüber?


Sandra:

Eine Fußball-WM erinnert mich mittlerweile mehr an ein Weltwirtschaftsforum. Nur eben nicht in einem schicken Ort irgendwo auf der Welt, sondern im Stadion. Da spielen dann zu diesem Event, nebenbei ein paar Mannschaften gegeneinander und am Ende gibt es einen Weltmeister gratis dazu. 

“Eine Fußball-WM erinnert mich mittlerweile mehr an ein Weltwirtschaftsforum.“

Als Kind war meine Begeisterung für solche Turniere riesig. Ich hab vorm TV gesessen und minutiös die Ergebnisse festgehalten. Je älter ich wurde, umso mehr hat die Begeisterung nachgelassen. Heute betrachte ich es als abstruses Produkt. Ich finde den Hype darum äußerst anstrengend. Insbesondere diesen Nationalismus, der mit der Veranstaltung einhergeht, empfinde ich als anstrengend. Diesen wirtschaftlichen Faktor den eine WM mittlerweile erfüllt, finde ich mehr als bedenklich. Das geht aber weiter. Kein Spieler ist 100 Millionen € wert, es werden aus Menschen Marken geschaffen und diese Marke wird möglichst gewinnbringend verkauft. Das ist soweit weg von dem Fußball den ich mag.


NMAA:

Ist es denn nicht egal ob Bundesliga oder Weltmeisterschaft?


Sandra:

Natürlich ist das im Profifußball genauso. Auch ein Grund, der mich immer mehr vom jetzigen Fußball wegtreibt. Auch da geht es rein ums wirtschaftliche. Das hat reinen Event-Charakter, wo einfach eine Menge Geld umgesetzt wird. 

“Fußballer sind Marken, die verkauft werden. Die sind so bedeutend, dass für sie sogar andere Gesetze gelten.“

Dazu schöne bunte Rahmenbedingungen und alle müssen sich an die vorgegebene Etikette halten, damit es ein attraktives Bild gibt, welches sich besser verkaufen lässt. Ich wiederhole mich: Fußballer sind Marken, die verkauft werden. Die sind so bedeutend, dass für sie sogar andere Gesetze gelten. Da wird sexualisierter Gewalt z.B. nicht nachgegangen, das ist doch irre! Dann die zusätzliche Schauspielerei auf den Plätzen. Ich kann Fußball mittlerweile schlecht im TV anschauen, da schlaf ich bei ein. Stadien verlieren ihre Individualität und entwickeln sich zu Kaufhäusern in denen ein Rasen liegt.


NMAA:

Steckt in der Tragödie der Kommerzialisierung evtl. eine Chance für den Amateur- oder Damenfußball? Die Einschaltquoten zur Damen EM waren außerordentlich gut.


Sandra:

Auf jeden Fall. Meine Tendenz geht in solch eine Richtung. Wobei Frauenfußball…klingt immer so, als sei das eine andere Sportart. Es ist Fußball und halt ein Frauenteam. Aber egal ob Frauenteams oder Herrenteams, die Chancen sind groß glaube ich. Das hat alles noch nicht diesen überzogenen Event-Charakter. Die EM fand ich beispielsweise bis auf wenige Ausnahmen, richtig gut. Das hat nichts mehr mit den ganzen gängigen Vorurteilen gemeinsam. 


NMAA:

Wie sieht der Fußball in 10 Jahren aus?


Sandra:

Im Wunschdenken wird alles Diverser, bunter, inklusiver, gewaltfreier. Kein wirtschaftlicher Faktor sondern ein Volkssport! Da ich aber sehr pessimistisch bin was das betrifft, prognostiziere ich, dass alles so weitergeht wie bisher. Der Kuchen ist noch zu groß und nicht alle haben bisher ihr - für sich - angemessenes Stück abbekommen, also wird es immer absurder. 

RB Leipzig wird auf kurz oder lang Bayern München ablösen, dann wird 50+1 fallen und Investoren in die Vereine geholt, die dann über alles bestimmen. Ich bin mir auch sicher, dass es zu weiteren Spieltagszerstückelungen kommt. 

“…dann wird 50+1 fallen und Investoren in die Vereine geholt, die dann über alles bestimmen“

Vielleicht werden Pokalfinale in Zukunft in anderen Ländern ausgetragen. Wer weiß das schon. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Ich sehe es ziemlich düster.


NMMA:

Wir kommen so langsam zum Ende liebe Sandra.

Vielen Dank für dein ausführliches Interview und die Zeit, die du uns geschenkt hast. Die letzten Sätze gehören dir. Gerne nehmen wir noch deinen Musiktip entgegen.


Sandra:

Mein aktueller Musiktip? 

Ich hab Fleetwood Mac wieder für mich entdeckt. "Go your own way" belegt auf meiner Spotify Liste den ersten Platz. Ansonsten möchte ich alle Mädels, die sich dem HC widmen wollen darin gerne bestärken. Lasst euch nicht von irgendwelchen Milchbrötchen Mackern davon abhalten! Das gilt selbstverständlich gleichermaßen für alle anderen ebenfalls. Macht euer Ding!

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