Freitag, 2. Dezember 2022

Auf die Ohren - Michael Gira [Gastbericht]

[GASTBERICHT] von Michael Kelleners 

Michael Gira - Christuskirche Bochum 

Ich habe mich relativ spät dazu entschlossen, mich der Musik von Swans hinzugeben. 2013, war‘s. Ich tue mich schwer damit, seitdem etwas zu finden, was mich mehr inspiriert und geprägt hat. In einem Konzertbericht (https://bit.ly/3EVgtPn) einer Swans Show aus 2017 konnte ich diese passenden Zeilen finden: „Diese Konzertbesuche sind mehr als nur ein akustisches Erlebnis. Durch die schiere Lautstärke und die Wucht der Klangwellen wird der eigene Körper zum Schallraum, verschwimmt die Wahrnehmung der eigenen Körperlichkeit, nehmen die Bassschwingungen die Luft zum atmen. Swans verstehen, dass ein Konzert mehr ist, als auf der Bühne ein paar Töne zu produzieren. Im Idealfall ist es eine Einheit aus Band, Publikum, Raum und Klang.“ Dazu folgen diese fantastischen Lyrics von Gira, die trauriger und hoffnungsloser kaum sein könnten: "But then you grew old/ And I lost my ambition/ So I gained an addiction/ To drink and depression/ They are mine/ My only true friends/ And I'll keep them with me/ Until the very end". 

Durch die Pandemie musste eine geplante Swans Tour mit einer neuen Bandbesetzung (Gira wechselt das Ensemble gerne mal durch) erst verschoben und dann abgesagt werden. Jetzt war es dann endlich soweit, erst kommt Gira alleine auf Solo Tour, nächstes Jahr folgt ein neues Album inkl. Tournee von Swans. Eine erste Show beim renommierten Primavera Sound Festival in Barcelona wurde bestätigt. 

Den Abend in der Christuskirche Bochum eröffnete Kristof Hahn, der auch Mitglied bei Swans ist. Sein Set war überragend. Er kommunizierte zwischen den Liedern sehr offen mit dem Publikum und bindet sogar Songs von seiner ehemaligen Band „Les Hommes Sauvages“ ein und spielte das grandiose Stück „Regenland“. Besser konnte der Abend nicht beginnen. 

Nach kurzer Umbauphase Michael Gira. Er kündigte direkt zu Beginn an, dass er 4 Stücke vom neuen Swans Album spielen möchte und später dann noch 4 ältere. Klingt wenig, aber allein die neuen Lieder hatten eine Spielzeit von fast 1,5 Stunden. Das ist es, was die Musik von Swans und Michael Gira ausmacht, die Songs, die für sich schon beinahe Spielfilmlänge haben, die jedoch in einem etwas auslösen, was fast schon meditativ sein kann. Ein wunderbarer Kontrast zu unserer Schnelllebigen Zeit, wo man sich darauf einlassen muss und will, jedes Detail des Stückes und dessen Vielseitigkeit zu entdecken. Die neuen Songs „The Parasite“, „The Memorious“, „Unforming“ und „The Beggar“ wirkten auf mich Swanstypisch und machten mir definitiv Lust auf das neue Album. Der zweite Teil des Abends begann mit einem Song von Michael Giras ehemaliger Band „Angels of Light“. Die Songs dieser Band waren zum Teil melodiöser und zugänglicher als die von Swans, zeigten jedoch auch die Vielseitigkeit dieses Künstlers zeigt. Gespielt wurde „Two Woman“, einem Song über zwei Frauen, die Gira in seinem Leben am meisten bedeuteten, eine brachte ihn zur Welt, die andere opferte sich für sein Wohlergehen, als er am selbstzerstörerischsten war. Am Ende ist es wohl weniger ein Liebeslied, als eine Entschuldigung. Der Abend endete mit „Blind“, den viele als den besten Swans Song bezeichnen. Das perfekte Lied um diesen Abend zu beenden: „I was never young, nothing has transpired, but when i looked in the mirror i feel dead, i feel cold, i am blind.“

Diese Band bedeutet mir alles. Mein erstes Konzert nach der Corona Zeit hätte kaum schöner sein können. Schade, dass die Kirche am Ende nur halb gefüllt war, ist möglicherweise auch dieser Zeit geschuldet. Vielleicht wird alles besser, wenn Swans bald wieder auf der Bühne stehen.

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